piwik no script img

■ SPD und FinanzressortDie doppelte Gefahr

Erst in diesen Tagen wird so recht deutlich, wie richtig es war, daß die SPD in den Nachverhandlungen zur Koalitionsbildung das Finanzressort für sich beanspruchte. Was, fragt man sich, wäre gewesen, wenn Elmar Pieroth den Haushalt weiterhin unter sich gehabt hätte? Wohl kaum wäre die Analyse, die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing auf den Tisch legte, so schonungslos ausgefallen. Sicherlich sind die roten Zahlen keine Werbung für die Stadt, kein Lockmittel für Industrie und Kultur. Aber sie sind überfällige Warnsignale, die klarmachen, wo eine Politik, will sie sich nicht mit Illusionsmalerei ins Abseits manövrieren, ansetzen muß. Die SPD ist zweifellos im Aufwind: Die Streitereien, die vor und kurz nach der Wahl ausbrachen, sind (noch) nicht wieder ausgebrochen. Das neue Ressort verschafft ihr eine ungeheure Publizität. Die SPD erobert sich Kompetenz zurück, die in den letzten Jahren eher bei den bündnisgrünen Haushältern angesiedelt war. Mit der Demaskierung des Haushalts wird auch der Koalitionspartner CDU, der das Ressort fünf Jahre lang betreute, ein Stück weit demaskiert.

In der Konzentration auf die Finanzlage liegt aber zugleich die größte Gefahr der SPD. Der Grat, auf dem sie agiert, ist denkbar schmal. So sehr sie sich auch der Finanzpolitik und damit einem hochaktuellen, modernen Thema geöffnet hat, so sehr muß sie zugleich den sozialen Ausgleich im Auge behalten. Auf ihrem neuen Weg droht der SPD paradoxerweise nicht allein Gefahr von der PDS. Die populistische Variante von links, mehr Schulden als bislang aufzunehmen, findet ihre Entsprechung rechts bei der CDU. Dort etikettieren Landowsky und Diepgen sich selbst gerne als Interessensvertretung der „kleinen Leute“. Die Variante der CDU heißt dabei: Lieber mehr veräußern statt sparen. Severin Weiland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen