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■ Die anderen"La Repubblica" zur Europawahl / "Presse", "Lidove noviny" zum Verhältnis Moskau/Nato

„La Repubblica“ aus Rom sieht im Ausgang der Europawahl eine Revanche Helmut Kohls: Die deutschen Sozialdemokraten haben nach acht Monaten an der Regierung eine klare Niederlage hinnehmen müssen. Aber das betrifft ebenso die europäische Linke, die im Europaparlament von den rechten Volksparteien überholt wurde. Mit der bemerkenswerten Ausnahme Frankreichs hat das Urteil der europäischen Wähler, und sei es nur durch die geringe Wahlbeteiligung, ein klares Anwachsen der rechten Oppositionsparteien unter der Führung Helmut Kohls signalisiert, dem eine spektakuläre Revanche gelungen ist. Es gab keinen „Kosovo-Effekt“: Die Hartnäckigkeit der Linken in diesem Konflikt hat sich nicht ausgezahlt.

Die „Presse“ aus Wien meint, Moskau habe die Nato gedemütigt, indem russische Truppen den Flughafen der Kosovo-Hauptstadt Prishtina kontrollieren: Das macht den Sieg des Westens über die Serben weitgehend zunichte. Das ist – trotz aller Camouflage-Versuche des Westens – eine diplomatische wie militärtaktische Demütigung der Nato. Der russische Coup spielt sich aber nicht nur auf der Prestige-Ebene ab. Er macht auch alle Hoffnungen zunichte, daß es mit dem Blutvergießen nun ein Ende haben könnte. Die Albaner-Armee UÇK wird sich nun mit Gewißheit nicht demilitarisieren lassen, sondern sehr bald mit Überfällen auf die Russen beginnen. Auch die Rückkehr der Flüchtlinge wird sich spürbar verzögern...

Nun steht die gesamte Rußlandpolitik des Westens auf dem Prüfstand: Er hat ständig auf Moskau Rücksicht genommen – und wird dann peinlich vorgeführt. Er ist Opfer des alten russischen Doppelspiels geworden: Um immer wieder neue Kredite zu bekommen – werden Beschwichtiger vorgeschickt. Die wirkliche Politik lacht aber nur über deren Versprechungen. Der Westen steht heute blamiert da.

„Lidove noviny“ aus Prag meint zum gleichen Thema: Wann hat man den russischen Präsidenten zuletzt so fröhlich gesehen? Russische Einheiten waren noch vor der Nato am Flughafen von Pritina, und so konnte Jelzin beim heiteren Treffen mit dem Verteidigungsminister und dem Außenminister mit ausholender Geste erklären, „wie wir es ihnen bei Belgrad gezeigt haben“. Aus der Sicht Moskaus war das ein genialer Zug. Kein trivialer Einzug im Rahmen einer koordinierten Aktion, sondern ein Beispiel, wie man das Kosovo zu befreien hat. Jelzin ist zufrieden. Nur – in Europa beginnt man erneut über die Gefahr aus dem Osten zu reden.

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