■ Die anderen: „Dernières Nouvelles d'Alsace“ zum Öcalan-Appell / „The Sunday Times“ zur Lage im Kosovo / „La Stampa“ zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland / „Rzeczpospolita“ zur Entschädigungsklage gegen Polen
„Dernières Nouvelles d'Alsace“ aus Straßburg zum Öcalan-Appell: Die Kurden werden niemals ihre Forderung nach einer „eigenen Identität“ aufgeben. Mit dem Verzicht auf den bewaffneten Kampf aber werden sie in den Augen des Westens glaubhaft. Ankara wird Verhandlungen deshalb nicht länger ablehnen können. Ist der Öcalan-Prozess Ansatzpunkt zu Überlegungen, wie man aus dieser schrecklichen Sackgasse herausfindet? In der Türkei gibt es in der militärischen und politischen Kaste weiterhin zahlreiche Vorbehalte. Aber von den Ufern des Bosporus bis zur syrischen Grenze hoffen die Jugend und das Bürgertum, dass die kurdische Frage beigelegt wird.
„The Sunday Times“ aus London zur Lage im Kosovo: Nur die Nato und die UN stehen einer völligen Machtübernahme durch die UÇK im Kosovo im Wege. Die 30.000 Soldaten der Nato sind da, aber wo sind die Vereinten Nationen? Wann werden sie ihr Versprechen einlösen und 3.000 ausgebildete und bewaffnete Polizisten zur Verfügung stellen? Bisher sind nur etwa 500 angekommen – und es gibt keinen einzigen Polizisten, der Streife geht. Während die UÇK weiter ihre Positionen festigt, wächst die Gefahr, dass das Kosovo zum gleichen gesetzlosen Trümmerfeld wird, das es schon jetzt in Albanien gibt. Das gehörte nicht zur Strategie der Nato.
„La Stampa“ aus Turin zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland: In den letzten Monaten hatten Deutschland und Italien die gleichen Probleme: Regierungswechsel, die langsamsten Wirtschaftssysteme Europas, Reformstau und das Risiko einer politischen Krise. Diese Ähnlichkeiten scheinen nun ein Ende zu finden: Nach den Vorhersagen wird die deutsche Wirtschaft im Jahr 2000 um drei Prozent wachsen, die Berliner Regierung hat eine ganze Reihe von Reformen in Arbeit. Für Italien fällt damit der Deckmantel und es bleibt allein als einziges Euro-Land auf der überlebenswichtigen Suche nach der Wettbewerbsfähigkeit.
„Rzeczpospolita“ aus Warschau zur Entschädigungsklage gegen Polen: Die materielle Verluste, die der polnische Staat, seine Bürger und die Bürger anderer, aber mit Polen verbundener Staaten erlitten haben, sind unbestritten. Fraglich ist dagegen, ob dieses Unrecht wieder gutgemacht werden kann und, wenn ja, wann. In dieser Angelegenheit hatten die Regierungsvertreter, als sie zu den Argumenten in Bezug auf die US-Gerichte zur Klage der amerikanischen Juden Stellung nahmen, weniger zu sagen. Nicht nur fremde Staatsangehörige, sondern vor allem Millionen von Bürgern der Republik Polen können sich angesichts dessen enttäuscht fühlen.
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