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■ Die amtliche Entwicklungshilfe muß eingestellt werdenHaiti ist verloren

Es wird immer unwahrscheinlicher, daß der demokratisch gewählte Präsident des Landes, Aristide, jemals zurückkehren kann. Unwahrscheinlich ist auch, daß sich das Volk erhebt. Die Landbevölkerung hat nach 200 Jahren Erfahrung unter der Knute der Herrschenden gelernt, daß, gleich welcher Couleur, Regierungen nichts für die Republique d'Haiti tun, und hält sich von der Politik fern: das tägliche Überleben fordert alle Kräfte. Hinzu kommt eine nicht nur Haitianern eigene Autoritätsgläubigkeit, Resignation und ein Selbsterhaltungstrieb. Die Beseitigung der Unrechtsherrschaft der Militärs von außen scheint nicht möglich. Mit gutem Grund lehnen die USA eine militärische Intervention ab: die Truppen würden die 30.000 Attachés nicht finden, nicht entwaffnen können. Die Mithilfe der Bevölkerung scheint fraglich. Haiti war von 1915 bis 1934 bereits von den USA besetzt, und die Erinnerungen an die Übergriffe der rassistischen Südstaaten-Marines sind noch wach: Da ist es für die Militärs leicht, antiamerikanische Stimmungen zu schüren. Die Gefahr dagegen, daß Militär, Polizei und Attachés im Falle einer Besetzung ein Blutbad in der eigenen Bevölkerung anrichten, ist groß. Selbst wenn Besetzung und Entwaffnung gelängen, die Probleme fingen dann erst an: die Besatzungsmacht wäre auf Jahrzehnte für das Wohlergehen von sieben Millionen Haitianern verantwortlich.

Aber auch die jetzt von der UNO vorgesehene Blockade Haitis vermag das Problem nicht zu lösen: Die Militärs haben nicht nur Diesel ausreichend gebunkert, Leidtragende wären die Armen, was die Militärs nicht im geringsten stört. Selbst wenn nach einiger Zeit die Militärs der Rückkehr Aristides zustimmten, selbst wenn sie ihn nicht auf der Gangway des Flugzeuges erschössen: die marodierenden Attachés und die nur ihren Privatgeschäften nachgehende Polizei machen ein Regieren und Verwalten unmöglich. Hinzu kommt, daß die Verwaltung mit korrupten Aristide-Gegnern durchsetzt ist. Auch von der Justiz kann Aristide sich nichts erhoffen: Nach dem Putsch vom September 1991 mußte der rechtmäßig ernannte Präsident des obersten Gerichtes, des Kassationsgerichtshofes, fliehen, um nicht erschossen zu werden.

Wie es scheint, ist Haiti gegenwärtig für die Demokratie verloren. Um so mehr brauchen die HaitianerInnen gerade jetzt die Hilfe und Unterstützung der im Lande unmittelbar für die Bevölkerung arbeitenden Nichtregierungsorganisationen. Die bilaterale und multilaterale Entwicklungshilfe sollte eingestellt werden. Sie versickert so oder so. Zu entwickeln gibt es in Haiti unter den herrschenden Bedingungen nichts, wohl aber geht es darum, Menschen in äußerster Not beizustehen. Jan Eggergluzs

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