■ Freya Klier gegen den Stolpe-Untersuchungsausschuß: Die alten Methoden
1990, noch rasch vor dem Ausklingen der DDR- Hymne, beschnitten Innenminister Diestel und Ministerpräsident de Maizière den aufklärungswilligen Bürgerkomitees rigoros den Zugang zum Herrschaftswissen der MfS. Bestraft werden sollte, wer Mitarbeiter der Staatssicherheit beim Namen nannte. Dies sei erinnert. Erinnert auch, daß es das Mitglied des Stolpe-Untersuchungsausschusses, Rosemarie Fuchs, war, das anno 1990 Herrn Diestel samt seinem geplanten Maulkorb- und Vertuschungsgesetz vehement zur Seite sprang. Daß es Frau Fuchs war, die dem sich vereinigenden Deutschland die Genossen der Staatssicherheit wärmstens ans Herz legte, deren Kompetenz und Sachverstand pries, während sie Frankfurter Bürgerrechtlern Intoleranz und Verrat an den Menschen vorwarf. Ist es ein Zufall, daß ausgerechnet sie das Gesicht des Potsdamer Ausschusses ein Jahr lang prägte? Daß sie erneut Bürgerrechtler diffamierte, statt sich den erdrückenden Fakten gegen „IM Sekretär“ zuzuwenden?
Es war die uns sattsam bekannte Fortsetzung der alten DDR-Methoden – und wohl ebensowenig ein Zufall wie Herrn Mielkes Herzblutverteidigung von Manfred Stolpe (Spiegel 36/92). Jedoch scheint Frau Fuchs nicht die einzige dubiose Gestalt in dieser Potsdamer Runde zu sein. Wäre auch nur einer der Inoffiziellen Mitarbeiter erkannt und aus hohen Ämtern entfernt worden, hätten nicht Bürgerrechtler und der öffentliche Protest die Akteneinsicht durchgesetzt? Und zeichnen sich nicht mit jedem „Outing“ alter Mielke-Kameraden deutlicher die Konturen der noch immer funktionierenden Untergrundnetze ab – geknüpft im Trubel der Wendezeit? Wer da meint, es ginge lediglich um „gegenstandslos gewordene“ Vergangenheit, der verniedlicht bewußt. Noch immer besetzt die „gegenstandslos gewordene“ Vergangenheit Parteispitzen, Universitätsstühle, Medien, Personalabteilungen – in „Demokratie“ gehüllt nun wie in einen Tarnanzug.
Wir werden es ebensowenig hinnehmen wie viele Menschen in Ost und West. Wir erklären noch einmal unsere Bereitschaft, einem glaubwürdigen Gremium die Erfahrungen der DDR-Bürgerrechtsbewegung mit Konsistorialpräsident Stolpe darzulegen. Doch unverändert fordern wir den politischen Rückzug derer, die eine brutale Gesellschaftsordnung mitzuverantworten haben, sei es offen oder verdeckt hinter der Vertrauten-Maske des MfS. Der Rücktritt von Ministerpräsident Stolpe ist überfällig. Freya Klier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen