■ Die aktuelle Wiederholung: Ritt auf der Sofakante
Im Fernsehen wimmelt es von Wiederholungen: Ein guter Anlaß für ein kritisches oder sentimentales Wiedersehen. Heute:
„Bonanza“, 16.05 Uhr, Pro 7
Titelmelodien sollen sich einprägen. Und wenn sie gut sind oder besonders schlecht oder man sich die dazugehörigen Filme und Serien nur oft genug ansieht, tun sie das gewöhnlich auch. Im spontanen Vortrag vor Publikum erweisen sich einige von ihnen als unbedingt textabhängig („Flipper ist uhn-ser be- he-ster Freund“), andere als böse Rhythmusfallen („Tatort“). Den Anfang der Titelmelodie von „Bonanza“ dagegen kann man trampeln, husten oder hämmern: Dam-da-da-dam-da-da-dam-da- da-dam-da-dammm-daaah – das erkennt jeder. Sofort.
Für uns Fernsehkinder der späten Sechziger – bei denen der Apparat erst in einem viel späteren Lebensalter Einzug ins heimische Wohnzimmer hielt als in den Siebzigern oder heute – gehörte „Bonanza“ zusammen mit „Lassie“ und „Fury“ (wie gingen die eigentlich gleich noch mal?) zur TV-sozialisatorischen Erstausstattung. Ihre hauptsächliche Qualität bestand zunächst in der Tatsache, daß man sie überhaupt gucken durfte. Aber während „Lassie“ und „Fury“ reine Kinderstundengenossen waren, schauten bei „Bonanza“ auch die Eltern gern mit. Und während man für „Lassie“ und „Fury“ allmählich zu alt wurde, wuchs man in „Bonanza“ erst richtig hinein. Denn „Bonanza“ war eben eine echte Familiensendung: kindertauglich, weil man jede der Hauptfiguren gern als Onkel gehabt hätte; pubertätstauglich, weil Little Joe so süß war und Adam so cool; und elterntauglich, weil ein Koch darin vorkam und ein bißchen Western. Was in „Bonanza“ geschah, war irgendwie nie ganz falsch oder gar schädlich.
Ein Freund berichtet von einem sonntäglichen Ritual, bei dem die gesamte Familie pünktlich zum ersten Takt der Ponderosa-Melodie auf die Sesselkanten vorrutschte und beherzt losritt. Irgendwann hörten die anderen dann immer einfach auf zu reiten, der damals Zehnjährige hoppelte als einziger weiter und wurde ausgelacht. Das hat er ihnen natürlich bis heute nicht verziehen. Aber Schlimmeres konnte damals und kann wohl auch heute bei „Bonanza“ nicht passieren. Barbara Häusler
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