Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Alexander Gauland versteht einen Scheiß, der BND liest alles mit und Dortmund will nicht die Fußball-WM in Russland gucken.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Gauland verwechselt „Vogel“ – und „Fliegenschiss“.
Und was wird besser in dieser?
Höcke fordert Parteiausschluss wegen Dämonisierung der Nazizeit.
Die inszenierte Ermordung des russischen Journalisten Babtschenko in Kiew: Wir verstehen nicht, warum dieser Weg gewählt werden musste. Sind alle verrückt geworden?
Gut, gehen wir auf das dünne Eis dieser Version: Dann zielte die Schmiere darauf ab, dass … der russische Geheimdienst ein Statement veröffentlicht „Sauerei, den wollten wir doch umbringen!“. Putin hätte eilends telegrafiert: „Glückwunsch, ist die geschwätzige Natter endlich tot!“ Und in den Moskauer Abendnachrichten hätten Kremlagenten über dem Insert „um seinen Spaß betrogener Mörder“ Nachdenkliches zur Arbeitsmarktlage für Berufskiller vortragen müssen. Das Faszinierende an der Geschichte ist: Selbst wenn man sie glaubt, macht sie keinen Sinn. Noch abgedrehter: Nachdem das Ergebnis der Aktion ist, dass die ukrainische Regierung, ihr Geheimdienst und Babtschenko blamiert dastehen – sind alle Ziele des russischen Geheimdienstes damit erreicht.
Der BND darf weiterhin Daten am größten Internetknotenpunkt der Welt, De-Cix in Frankfurt, abzapfen. Da fühlen wir uns doch gleich alle viel sicherer, oder?
Das Bundesverwaltungsgericht folgte dem Hochglanzprospekt, laut dem der BND die komplette Kommunikation in Eigenregie filtriert, sodass er verdächtigen ausländischen Datensätzen nachgehen kann. Das wäre sein Job. Tatsächlich hat er so Zugriff auf alle inländische Kommunikation und liefert – das flog beim NSA-Untersuchungsausschuss auf – Daten an den US-Dienst. Das bleibt als gelebte Schizophrenie mal so in der Gegend stehen, denn die Betreiber des „weltweit größten Internetknotens“ haben ein zweites Verfahren mit dem BND zu laufen, bei dem es um die aktuelle Gesetzeslage geht. Wie das steht, weiß nur der BND, der die Mails des Gerichts lesen kann.
„Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist – als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns – gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ Dieser Satz gilt seit Freitag in Bayern. Was steht oder hängt aufgrund Ihrer geschichtlichen und kulturellen Prägung bei Ihnen zu Hause im Eingangsbereich?
Zum Halse heraus hängt mir diese Debatte. Das Bundesverfassungsgericht urteilte im „Kruzifix-Beschluss“ bereits 1995, wonach „das Kreuz kein lediglich kulturelles Symbol, sondern … das einer bestimmten Religion“ sei und „Bürger in einem staatlich geschaffenen Pflichtraum“ dem nicht schutzlos ausgesetzt werden dürfen. So wird es wieder urteilen, Kruzifix noch einmal, und Chefrüpel Söder zeigt hier ein Benehmen, das anekdotisch wirkt: Mann pisst ins Weihwasserbecken und ruft: Herr Pfarrer, bitte zahlen. Was auch immer man von einem barbarischen Todesfoltergerät halten mag – für die CSU ist es ein Mühlespiel: Die Kreuzpflicht macht Aufsehen, und beim absehbaren Verbot gibt’s Bonusrummel. – Bei uns hängt auf Initiative der Hausherrin die BVB-Fahne, aber das ist rein religiös.
Helmut Kohl wurde kurz vor seinem Tod eine Millionenentschädigung zugesprochen. Ein Gericht entschied nun, dass Kohls Witwe, Maike Kohl-Richter, keinen Anspruch auf das Geld hat. Ist das gerecht?
Schmerzensgeld setzt Schmerz voraus, und den hatte wenn, dann Kohl. Für seine Witwe gilt: Beleidigtseinwollen in einem minder schweren Fall, Freispruch.
US-Schauspielerin Roseanne Barr tweetet rassistischen Mist und schiebt ihre Entgleisung auf das Schlafmittel, das sie nimmt. Ist das der „Mausrutscher 2.0“?
Immer wieder hört man in der deutschen TV-Branche raunen, „man müsste“ wieder so etwas machen wie „Ekel Alfred“, die legendäre Schrebergarten-Nazi-Serie „Ein Herz und eine Seele“ von Wolfgang Menge. Im nächsten Schritt sagen erfahrene Comedy-Autoren: Geht nicht. „Alfred“ war eine Übertreibung.
Zinedine Zidane ist als Trainer von Real Madrid zurückgetreten. Hatte er zu viel Erfolg?
Genialer Zug: „Trainer feuert Verein.“ Wenn er nach „Weltfußballer“ und „Bester Trainer“ Phase drei weglässt – „korrupter Funktionär“ –, ist er heilig.
Und was machen die Borussen?
Der Dortmunder Friedensplatz als Thingstätte allen Rudelguckens, die Westfalenhalle – setzen keine Public Viewings an. Sicherheitskosten zu hoch, Zuspruch zu gering. Das hätte Löw wissen müssen, als er nur einen BVB-Spieler berief.
Fragen: JÜK, Maha
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe