Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Der Würger von Wolfsburg, die Wehrpflicht, Wolfgang Bosbach performt als WoBo und Thomas de Maizière verunsichert.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Merkel hat noch nicht erklärt, ob sie 2017 wieder Kanzlerin wird.
Und was wird besser in dieser?
Die Wählerinnen und Wähler auch nicht.
Was soll eigentlich dieses Gerede von Wehrpflichtwiedereinführung und Zivilschutz? Wird es übermorgen ernst?
Teile dieses Ministers würden die Bevölkerung verunsichern: Thomas de Maizière bringt Elemente des Freejazz in die Innenpolitik: einfach mal die falschen Töne aufs altehrwürdige Lied dudeln und dabei gucken, als hätte man’s studiert. „Zivile Verteidigung“ nennt er, was bisher schön 60ermäßig „Zivilschutz“ hieß. Für Details: Fragen Sie Frau Sirene. Diffuse Ängste vor Netzversagen und Stromausfall werden genährt, mit Kriegsgeraune vermengt, und: Deutschland – ein Volk ohne Netz und doppelten Hoden. Oder kurz: Innenpolitik nach Handwerkerart, „der Glaser schmeißt die Scheiben ein und sagt: Da müssen neue rein!“ Dabei bewegt sich de Maizière, vom Wesen her nichts weniger als ein erfahrener Scharfmacher, regelmäßig so tapsig, dass er am Ende eher das Genre der Bundesinnencomedy erfunden hat. Bürgermeister von Hamsterdam! Wenn er längst weg ist, werden andere mit der sorgfältig remilitarisierten Zivilgesellschaft Schaden anrichten können. Die Wehrpflicht enthielt übrigens die Idee, dass eine Armee aus Amateuren den Profis an der Spitze im Ernstfall weglaufen würde. Schade drum.
Wo wir gerade bei Rüstung und Verteidigung sind: Litauen kauft 88 deutsche Panzer. 88! Hätten sie nicht zumindest 87 oder 89 Stück ordern können?
Auch die Pornoferkel im Benamungsstab der Bundeswehr schwächeln: Ihr traditioneller Balzruf „Gib mir Tiernamen“ führte zum fragwürdigen Ergebnis „Boxer“ für den Radpanzer. Als Goodie („Sammeln Sie Punkte?“) legt Deutschland noch 21 gebrauchte Panzerhaubitzen („PzH 2000“) drauf. Also: Der „böse Russe“ ist immerhin eine prima Geschäftsidee für Krauss/Maffei/Wegmann/Rheinmetall – der Name ist ja auch nicht so richtig sexy. Heikel wird das erst, wenn Europa eine Phase der Entspannung mit Russland anstrebte und die lieben Patenkinder längs der Grenze die Deutschen fragen, wieso sie den ganzen Ballerschrott teuer kaufen mussten vorher.
In Frankreich gehen einige Frauen viel zu bekleidet an den Strand. Die Polizei geht dagegen vor. Was haben die nur gegen Klamotten?
Manch wohlsortierte Strandbude bietet Souvenirpostkarten feil, die schwarz-weiße Fotos von „Omas Sommerfrische“ dunnemals zeigen. Oma vollvermummt und Zierde jeder Fundamentalistenmoschee. Wenn Menschen den säkularen Staat Deutschland repräsentieren, von Lehrerin bis Finanzbeamter, verbietet sich religiöse Verhüllung gleich welcher Herkunft. Privat – und baden gehen ist kein Staatsakt – hält sich der säkulare Staat raus. Das macht ihn gerade überzeugend.
Nach der Einigung im Streit mit Zulieferern soll bei VW die Produktion möglichst schnell wieder anlaufen. Ist das in Zeiten von Dieselgate eine gute Nachricht?
VW hat eine Tradition darin, sich durch ruinöse Einkaufspreise selbst zu beschädigen. In den 70ern trugen korrosionsanfällige Bleche aus DDR-Kompensationsgeschäften zum Rostbratwurst-Ruf des Golf bei. In den 90ern der als „Würger von Wolfsburg“ geschmeichelte Ignacio López, der mit grausamem Kostendruck statt schlechter Bilanzen schlechte Autos lieferte. Nicht so zufällig also, dass sich Zulieferer irgendwann gegen VW wehren.
Der Bundeshaushalt erzielte im ersten Halbjahr einen Überschuss von 18,5 Milliarden Euro. Wohin nur mit dem vielen Steuergeld?
Nach allem, was sie uns angetan haben – mit der Kohle könnten wir den Banken richtig eins auswischen! Und was ist das Schlimmste, was man Banken antun kann? Wir zahlen Schulden zurück. 18,5 Milliarden sind wenig gegen die 2.000 Milliarden, die Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen auf dem Deckel stehen haben. Aber stellt euch den Schrecken vor, wenn der Staat – wir alle – denen die „Systemrelevanz“ abkauft. Oder andersherum: Wenn wir bei der glänzenden Kassenlage uns nicht von den Banken befreien, werden wir es nie tun.
Kommen wir zum Fernsehen: Wer ersetzt Wolfgang Bosbach?
WoBos Performance – darin verwandt Ströbele, Gysi – enthält stets eine gute Prise „Die Partei kann mich mal, ich bin direkt gewählt“. Also Typ „Indie-MdB“. In den Talkshows selbst wird WoBo auf WoBo folgen.
Und was machen die Borussen?
Im Winter ist das vollbesetzte Westfalenstadion gut fünf Grad wärmer als die Gegend drumherum. Problem: im Sommer auch.
FRAGEN: AWEI, JÜK
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