Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Stefan Raab hört auf, Donald Trump würde gerne anfangen, und Rainer Langhans ist immer noch da – eine heitere Woche.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Post streikt, und mein Briefkasten ist voll Werberamsch.
Was wird besser in dieser?
Ich werde einen Streikposten bilden.
Das Zentrum für Politische Schönheit bringt die Leichen von Flüchtlingen nach Deutschland. Ärgert Sie das?
Jonathan Meese hat ein Bündel Freisprüche für Hitlergruß und Hakenkreuz im Rahmen der Kunstfreiheit im Rucksack, hat mich geärgert; und das Benutzen von Leichen für politische Statements ärgert mich auch, also – es funktioniert.
Stefan Raab hört auf. Wir weinen ihm keine Träne nach. Sie?
Kerkeling, Domian, Jauch, Raab, selbst wann man Spitzenentertainer wie Gysi und Klopp nicht mitrechnet, hats schon etwas Epidemisches. Gut möglich, dass man auf diese Spezies der Vor-YouTube-Stars später schaut wie heute auf „Radiostars“ der Fünfziger. Jon Stewart markierte mit dem „heute-show“-Original „The Daily Show“ den Wendepunkt, von dem an mit dem Spaß Ernst gemacht wurde, und schmeißt ebenfalls nach 16 Jahren hin. Diese Woche beschied er sein Publikum, er habe angesichts von Rassismus, Folter und Kriegsverbrechen der USA leider keine Witze im Angebot. Der Satiriker Stewart führt in den USA die Polls der „vertrauenswürdigsten Journalisten“ mit an. Ähnliches müsste man Raab nicht vorwerfen, der als Alleskönner von verblüffenden Graden die Form des Fernsehens umgestülpt hat. Der Inhalt hingegen war mindestens immer ein Witz mehr über Schwache als über „die da oben“.
Trotz Pegida und trotz AfD: Deutschland belegt in der Liste der friedlichsten Länder der Welt Platz 16. Kann das sein?
Ja, aber nicht mehr lange: Der diese Woche geräuscharm durchsalutierte Bericht der „Rühe-Kommission“ zum „Parlamentsvorbehalt“ definiert bedenklich viele und teils schwammige Freikarten für kriegerisches Handeln: Awacs und Langstreckendrohnen, KSK, „Einsätze mit niedriger militärischer Intensität“, Rettungsaktionen und anderes mehr dürfe die Oberste Heeresleitung ohne lästige demokratische Abstimmungen verfügen. Dann handelt es sich hinfort also um „Einsätze mit geringer demokratischer Intensität“ – was schon deswegen verwundert, weil das Parlament auch bisher krass gegen die Bevölkerungsmehrheit sämtliche Auslandseinsätze abnickte. Auch völkerrechtswidrige. So gesehen kein Wunder, dass Pegida ausgerechnet den zur Adoption freigegebenen deutschen Pazifismus zu stehlen versucht.
US-Tycoon Donald Trump kandidiert für das Präsidentenamt in den USA. Glaubt man seiner irritierenden Rede, sind die USA derzeit ein Dritte-Welt-Land, und nur er kann ihnen zurück zu alter Größe verhelfen. Hat er recht?
Den Niedergang der USA beweist Trump schon damit, dass man dort auch mit seinem Vermögen von 9 Milliarden Dollar kein vernünftiges Haarteil mehr kaufen kann. Gegen Trump sieht Peter Altmaier aus wie Rapunzel. Der Mann, der nicht mal seiner Frisur zu alter Größe zu verhelfen vermag, kann eine Knallcharge sein. Taugt jedoch auch als Schlüssel zum Verständnis amerikanisch-europäischer Missverständnisse: Der europäische Wahlbürger glaubt gern, wirtschaftliche Interessen seien ein Aspekt des Regierungshandelns. Und begegnet verständnislos den USA – einem Konglomerat von Wirtschaftsinteressen mit einer Regierung als politischem Arm. So gelesen, werden TTIP, Ukrainekonflikt, Nahostpolitik und vieles mehr schlagartig luzide. Trump als egomanen Volltroll zu begrinsen könnte verharmlosend sein.
Rainer Langhans galt als Sinnbild der Revolte und hat es, anders als viele WeggefährtInnen, geschafft auch mit 75 noch ein schräger Typ zu bleiben. Ist er der letzte 68er?
Ein Denkmal offensiver Leistungsverweigerung und darin Bewahrer einer Tugend. Andere sitzen als späte Nazis im Knast, sind als RAFler lange tot oder unter einer Außenministerkarriere bestattet. Ob er der letzte ist, mag dahinstehen; bei manchen aktuellen Themen ist Hans-Christian Ströbele noch stets der erste.
Nach dem ganzen Stress mit der EU hat sich Griechenland einen neuen Freund gesucht: Russland. Beim Pipelinebau arbeiten sie nun zusammen. Ist die Krise behoben?
Wenn das Kriterium für eine Lösung wäre, dass sie eine Lösung wäre: ja. Hier wie in der Ukraine geht es jedoch auch der EU um das Vorrecht, wessen Lösung es ist. Sonst hätte man vor Krieg und Krim, atomarer Aufrüstung und Tausenden Toten dem Ruf Kiews entsprochen, beide Seiten an den Tisch zu bekommen. Sollte also Tsipras das nun und so erzwingen, wäre es ein Keim guter europäischer Politik.
Und was machen die Borussen?
Wenn die alles kaufen und verkaufen, was derzeit gerüchtelt wird, dürfte die Südtribüne die Mannschaft beim Saisonstart siezen.
Fragen: MAS, LOU und SVO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört