Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die FDP wird künstlich beatmet, die Deutschen fotografieren gern jeden Baum, und Brender sucht einen neuen Wald.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: FDP, Rüttgers, Kirche … nur die Sozis machen einen auf Kurzarbeit und liefern keinen Skandal.

Was wird besser in dieser?

Heiner Geißler wird 80, normal ist damit die Strafe abgesessen und er wird aus der CDU begnadigt.

Norbert Lammert hat protestierende Linke-Abgeordnete des Bundestags verwiesen. Ein zu hartes Durchgreifen?

Das ist die Verplasbergung des Parlaments! Statt "Mitten im Labern" nun "Nobby und die linken Lümmel". Wird n Kracher.

Margot Käßmann ist nach ihrer Alkoholfahrt als EKD-Ratsvorsitzende zurückgetreten. Die richtige Entscheidung?

Die Aussöhnung und -töchterung mit der kämpfenden Truppe in Kabul könnte nicht glaubwürdiger ausfallen. Wer möchte da nicht mal mit 1,54 Promille hochwertiger Truppenverpflegung über die Kreuzung dullern?! Während Katholens Mixa mit hochrotem Kopf schon bei der Kontrolle der Spintfotos in die Soutane schwitzt, zeigt die promillestantische Vertretung hier Volksnähe. NRW-Verkehrsminister Wittke trat nach Geschwindigkeitsrausch eher zäh zurück, doch er tat es. Für eine Kirchenfürstin gibt es weniger Grund; Witzefotos vom Abendmahl in Bild wären mir persönlich einer. Sie täte uns weniger an mit dem Amtsverbleib als sich.

Jürgen Rüttgers behauptet, Ministerpräsidenten in NRW seien nicht käuflich. Tatsächlich?

Wow, da wäre er ja der erste.

Wie wirkt sich die Sponsorenaffäre auf die Landtagswahlen in NRW aus?

Erheblich. Johannes Rau ließ vor Wuppertaler Kneipen den Fahrer warten, wenn er - Volksnähe oder Heimflucht - lieber noch einen Skat kloppen ging. Der Rausche Präsidialstil - Rüttgers wirkt nach Nokia und Opel und Anti-Hartz-Polemiken halt nur etwas weiter links zur Mitte - kann einiges vertragen. Außer: "Der macht sich doch auch die Tasche voll." Ja, das wird dann doch wieder die FDP künstlich beatmen und ein bisschen auch die koalitionswilligen Grünen.

Der scheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender unterstellte dem ZDF ein Spitzelsystem wie in der DDR. Übertreibt er da?

Für sein Stellengesuch "SPD-naher Robin Hood sucht neuen Wald" hätte er überall sonst mehr bezahlen müssen. Seine Selbstinszenierung als Dissi Dent. Der Stauffenberg unter den Mainzelmännchen übersieht, dass nichts dagegen sprach, ihn vor zehn Jahren mit einem "der SPD zugerechneten Job" zu versehen. Eine zeitgemäße Debatte über das Reinregieren der Parteien erschöpft sich nicht mehr im rituellen Beklagen perfider Erfolge der jeweiligen Gegenseite. Es ist längst schlimmer: Wir haben öffentlich-rechtliche Sender, die nicht trotz, sondern wegen des Einwirkens der Parteien politische Sendungen verüben. Und private Sender, die sich das nicht antun. Willfährigkeit gegenüber Einwirkungen der Parteien ist ärgerlich; leider ist sie für manche Sender ein wesentlicher Existenzgrund. Wenn also das ZDF die DDR unter ihnen ist, ist Brender so glaubwürdig wie Fundamentalkritik von Krenz.

Apropos Spionage. Die Bunte ließ angeblich Politiker bespitzeln. Sind das die Politpromis wert? Und wie weit darf ein Journalist gehen?

Es ist einfach schon von der Idee zuwider und will-ich-bitte-nicht-wissen-müssen, was abends daheim zwischen Bunte-Chefin Riekel und - ist Ri der Vorname, eigentlich? - und ihrem Partner Helmut Markwort abgeht. Kann ich bitte Spitzelbüros bezahlen, die diese Infos von mir fernhalten, bitte? Eine "Willemsens Woche"-Sendung, die den jüngeren Markwort als peinliche Charge in einem Billigporno zeigt, ist auf Markworts Betreiben der Öffentlichkeit entzogen worden.

Gaddafi ruft wegen des Minarettverbots zum heiligen Krieg gegen die Schweiz auf. Grund zur Sorge?

Schweißt das Deutsche und Libyer nicht enger zusammen?

Großes Chaos gab es im Luftverkehr. Wie sinnvoll war der Streik der Lufthansa-Piloten?

Air Berlin noch mal gerettet, vermutlich.

Google Street View stößt auf große Skepsis. Zu Recht?

Wir in Deutschland haben Tradition im "Alles fotografieren, was bei drei nicht aufm Baum ist, und den Baum dann aber auch". Vielleicht stört es uns, wenn uns der Ami unsere Folklore streitig macht. Für mich ist die Fassade des Hauses, in dem zum Beispiel meine Kinder mit mir leben, gefühlte Privatsphäre. Alles über Google Maps verletzt meine Persönlichkeitsrechte.

Der Ex-Bundesliga-Torschützenkönig Ailton gab sein Debüt in der 6. Fußball-Liga. Ein tiefer Fall?

Wieso, geht er zu Schalke?

Und was machen die Borussen?

Nach übereinstimmender Auffassung der Kollegen am Tisch und der libyschen Medien hat Dortmund weit überlegen gespielt und früh verdient 1:0 geführt.

FRAGEN: SEW

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.