Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die FDP bettelt nicht um Sterbehilfe, Röttgen droht zu künasten, und Kim Jong Un holt zur Weltbetrachtung aus.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Diese hergelaufenen Politiker setzen über Nacht Neuwahlen an, ohne 6-Wochen-Empörungs-Vorlauf in FAZ, Spiegel und Bild. Die denken ja überhaupt nicht an die Arbeitsplätze in unserer Branche.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Gauck werde uns, so der Spiegel-Titel, „die Leviten lesen“. Das ist der Stamm Israels, der für den Tempeldienst und die Einhaltung aller göttlichen Regeln zuständig war. Das sind doch Humoristen da beim Spiegel.
So schnell kann es gehen: Plötzlich gibt es Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen. Was ist denn da schiefgelaufen?
FDP und Linkspartei wollten unterwegs in den Haushaltslesungen ordentlich dicke Backen machen; am Ende aber doch nicht pfeifen. Dann ergab ein eiliges Gutachten: Sie wollten nicht so richtig um Sterbehilfe betteln, können sie aber gern haben. Grün sinkt, Rot steigt, und was die SPD von der Linkspartei zurückholt, geben die Grünen an die Piraten ab. Das ist ein gefühltes Nullsummenspiel mit einem großen Unbekannten: Röttgen. Wenn er durch den Wahlkampf nur mal eben durchkünastet, bleibt er ein unliebsamer Gouverneurskandidat. Mit der Nummer ist Blüm schon ein paarmal gescheitert in Düsseldorf. Röttgen fordert ein Energieministerium für NRW – und geht anschließend nach Berlin, wo er das immer noch nicht durchgesetzt hat. Merkel verliert den Energiewende-Minister oder gewinnt einen beschädigten. Auch das mag die Bundes-Rotgrünen bewogen haben, den Neuwahlen in NRW zuzustimmen.
Der gerade erst zurückgetretene Christian Lindner wird Spitzenkandidat der FDP in NRW. Wird der schwierige Wahlkampf seine Karriere gleich noch mal beenden?
Seit das Fiasko der Froschpartei offenkundig wurde, putzt sich Lindner – der es mit anrührte – die Zähne mit Dissi-Dent. Von 1995 bis 2000 war die FDP schon mal APO in Düsseldorf; Lindner hat sich bei der Gelegenheit den Landesvorsitz geholt und damit eine Chance auf die übernächste Wahl.
Oskar Lafontaine will Millionären 75 Prozent Einkommensteuer abknöpfen. Schließlich habe der Spitzensteuersatz nach dem Zweiten Weltkrieg bei 95 Prozent gelegen, daran sei auch keiner gestorben, so der Linke-Politiker. Ist dieses Argument nicht sehr weit hergeholt?
Lafontaines früher Ruhm galt dem Modernisierer, der gewerkschaftliche Positionen schredderte: mehr Wochenendarbeit, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. Später kam eine unappetitlich reaktionäre Note hinzu – gegen Zuwanderer, gegen Pressefreiheit. Man ist bei dem Mann nie ganz sicher, welchen Teil seines politischen Weges man als inhaltliche Pubertät verstehen soll. Außer alles.
Afghanistans Präsident Hamid Karsai plant einen schnelleren Abzug der Nato-Truppen und verweist sie vorerst in ihre Basen. Ist es überhaupt noch möglich die Mission in Afghanistan zu führen, wenn die Ausländer unerwünscht sind?
Kein Problem, Karsai ist unerwünschter Inländer und macht auch einfach weiter. Es ist billig, das Scheitern des Konzeptes „Frieden schaffen mit echt gut gemeinten Waffen“ den Opfern in die Schuhe zu schieben. Die Story des Amokläufers von Kandahar („Ich bin da alleine rein und habe 16 Leute umgeblasen“) unterscheidet sich dröhnend null von den Begründungen, die beim Militär für höchste Orden herhalten. In Afghanistan scheitert der Menschenrechtsluftangriff, und wer das als Nebenwiderspruch verdrängt, hält sich fit für die nächsten Katastrophen.
Nordkorea will anlässlich des 100. Geburtstags von Staatsgründer Kim Il Sung einen Satelliten ins Weltall befördern und würde damit gegen eine UN-Resolution verstoßen. Soll damit die Macht des neuen Diktators Kim Jong Un demonstriert werden?
Übersetzungsfehler. Anlässlich des 100. Geburtstages von Kim Il Sung sollte Diktator Kim Jong Un ist Weltall befördert werden. Er soll dort beim Betrachten richtig großer Sachen (Erde, Universum) fotografiert werden.
Der britischen Zeitung Guardian wurden private Mails von Baschar al-Assad zugespielt. Jetzt weiß man, dass seine Frau ihm kugelsichere Kleidung empfiehlt und welche Musik er gekauft hat. Macht ihn das menschlicher?
Ich hoffe auf konstruktive Hacker, die das nutzen und ihm 3.000-mal „Last Christmas“ auf die Ohren laden. Nichts unversucht lassen!
Und was machen die Borussen?
Wenn die Bayern die restlichen acht Spiele auch allesamt mit je sechs Toren Vorsprung gewinnen – auch das gegen Dortmund –, werden sie Vizemeister mit dem besten Torverhältnis aller Zeit. Hinter Dortmund. FRAGEN: HDL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland