Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Piraten sind ein Glücksfall, die EU versteckt Ostereier und die Mineralöl-Oligarchen sind gewieft.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Macht es marktwirtschaftlich Sinn, für die FDP-Mitarbeiterinnen noch eine Auffanggesellschaft zu gründen?
Was wird besser in dieser?
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
FDP-Döring kämpft gegen die Tyrannei der Masse und geht zu den Weight-Watchers.
Die Piraten ziehen im Saarland souverän in den Landtag. Die Partei wird als Parteiensystemveränderer gefeiert, gleichzeitig wird ihr Themenlosigkeit vorgeworfen. Haben Sie verstanden, wer die Piraten sind und was sie wollen?
Ein Glücksfall in Gründung. So ’ne Art Unternehmensberatung für den kollabierenden Parlamentarismus: Gerade haben die Banken versucht, direkt Steuern einzuziehen; Gesetzgebungsverfahren verlaufen lobbykratisch. Und zwischendurch juxen viele Medien vergleichbare Problembären – Sarrazin, Wulff, Schill – hoch und runter. Kurz: Die herkömmliche Demokratie hat sich als extrem manipulierbar erwiesen.
In vielen Nachbarländern sammelten rechtspopulistische Parteien die Wut, den Unmut, die Resignation darüber ein. Piraten hingegen können Extremisten der Mitte werden; allein der goldene Satz „Ich habe noch keine Ahnung“ ist Gegenprogramm zu den versammelten Allzeitbescheidwissern der Altparteien. Die – siehe Libyen, Atomausstieg, Eurokrise – lesen auch den ganzen Tag nur Umfragen, verkaufen das dann aber als wertegetriebene Politik. Da wird es ein Schritt nach vorn werden, Umfragen – eben gern auch online – zum legitimen Werkzeug der herkömmlichen Abnickokratie zu machen.
Paradebeispiel FDP: 15 Jahre „Steuerreform“ predigen und deshalb furios an die Macht gewählt – null geliefert. Gegenidee Piraten: imperatives Mandat des Bürgers. Da wird zweitrangig, wer im Parlament sitzt – die müssten eh tun, was der Bürger in vorgelagerter Meinungsbildung entscheidet. Ich weiß nicht, ob die Piraten das wollen, doch wenn, würde ich sie dafür wählen.
In Deutschland soll eine Benzinpreisbremse eingeführt werden. Also täglich ein Preis, der dann für 24 Stunden gelten muss. Was ist das größere Problem, die Knappheit der Ressourcen oder die Gier der Konzerne?
Genau, beides. Und drittens: Welches Interesse hätte der Finanzkanister, die Spritpreise zu senken, um künftig weniger Steuern einzunehmen? Die Mineralöl-Oligarchie kündigt bereits an, dann halt gleich den höchsten Preis pro Tag zu fixen. Und wenn die Bundesrats-Initiative im Herbst spruchreif würde, denkt keiner mehr an den Osterferienärger jetzt. Europa fährt spritsparender und effizienter als etwa die USA, wo der Staat nicht mitverdient, und das heißt: je größer der Ärger mit dem Auto, desto besser für alle. Sammeln Sie Punkte? Ja, in Flensburg.
Die FDP hat die Verhandlungen über die Schlecker-Auffanggesellschaften platzen lassen. 11.000 Mitarbeiterinnen verlieren ihren Job. Hat die FDP sie noch alle?
Hohe Kunst – im Saarland noch 5.800 Stimmen zu bekommen, und damit 11.000 Schlecker-Mitarbeiterinnen schneller arbeitslos zu machen. Die FDP positioniert sich zum Abschied als die Partei, für die soziale Kälte nicht nur eine romantische Schwärmerei ist, sondern Herzenssache. Zu dumm, dass in Schleswig-Holstein die sozialliberale Ein-Mann-Sekte Kubicki antritt, das passt wieder nicht. Und Lindner im Ruhrgebiet mit dem perfekten Programm für Königstein im Taunus sicher weit über fünf Prozent aller Golfplatzbesucher erreichen kann.
Die Euroländer haben beschlossen, den Rettungsschirm für die Eurozone auf 800 Milliarden Euro auszuweiten. Normalsterblichen wird bei dieser Summe schwindlig. Was bedeutet der Beschluss?
Virtuoses Hütchenspiel: Es sind immer noch die ursprünglich vereinbarten 500 Millionen, nur dass man nun die bereits gezahlten Hilfen an Griechenland, Portugal, Irland draufrechnet – sowie Zahlungen außerhalb der alten Programme und Gelder der EU. Ostern halt, sie verstecken ein paar leere Eier und hoffen, dass keiner sucht.
Kofi Annan will mit sechs Punkten zum Frieden in Syrien gelangen. Doch Diktator Baschar al-Assad gibt sich weiter beratungsresistent. Wo soll das enden?
In dem Waffenstillstand, den Assad laut Annan bereits akzeptiert habe. Nun redet er sich auf rekordliberale Auslegungen des Begriffs „sofortig“ heraus und gibt den Fans eines Militäreinsatzes letzte Hoffnungen. Immerhin würde es die Waffengänge anderswo entscheidend infrage stellen, wenn Annans Mission gelänge.
Und was machen die Borussen?
Es spannend.
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