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Die Wiwis wachen auf

■ Wirtschaftswissenschaftler wehren sich gegen die neuen Uni-Sparpläne

Verkehrte Welt am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Uni-Hamburg: Professoren rufen zum Protest auf, die Verwaltung wirft die Arbeit hin, und die StudentInnen wollen auch nicht länger schweigen. Zehn Tage nach dem Ende der studentischen Streikwoche – sie hatte die meisten Wiwi-Studis weniger tangiert als der Essensplan der Mensa – haben nun auch sie Widerstand gegen die Hochschulpolitik des Hamburger Senats angekündigt. Der Hintergrund: Die neuen Sparhammer des Wissenschaftssenators treffen den Lebensnerv des Wirtschaftsstudiums.

Wütende Studis besuchten gestern eine Sitzung des Akademischen Senats der Universität, um ihrem Ärger über die Verschärfung der „Vakanzrate“ Luft zu machen – ein für den Fachbereich bisher ungewöhnliches Betragen. Auch für die Wirtschaftler ist die Schmerzgrenze endgültig überschritten: Wenn freiwerdende Assistentenstellen wie geplant erst nach einer Sperrfrist von mindestens sechs Monaten wieder besetzt werden, kann das ohnehin schon ausgedünnte Angebot an Seminarplätzen nicht länger aufrechterhalten werden. Ein Student: „Acht Semester Regelstudienzeit – die brauchen wir in Zukunft schon allein fürs Hauptstudium“.

Eine Besonderheit: Um den Mangel zu verwalten, müssen Seminarplätze ein halbes Jahr vorher gebucht werden. Demonstrativ hatte die Fachbereichsverwaltung bereits vorige Woche das übliche Verfahren unterbrochen. Angesichts der Einsparungen, so die Begründung, sei eine gerechte Verteilung nicht mehr denkbar. „Die Wirtschaftswissenschaftler sind wieder einmal besonders hart betroffen“, meinte Fachbereichssprecher Professor Georg Tolkemitt, „dabei hatten wir bisher ohnehin schon eine höhere Vakanzrate als andere“.

Inzwischen wurden die 2000 Plätze zwar verteilt, 400 davon aber als „unsicher“ klassifiziert: JedeR muß damit rechnen, im Sommer aus den laufenden Seminaren bugsiert zu werden. Helle Aufregung daher bei den StudentInnen, die den permanenten Notstand an ihrem Fachbereich bisher mit stoischer Geduld ertrugen. „Die Streikwoche haben wir verschlafen, aber jetzt werden wir viel nachholen“, so ein Kommilitone auf der am Mittwoch einberufenen studentischen Vollversammlung. Von den über 6000 StudentInnen der Volks- und Betriebswirtschaftslehre waren immerhin 200 erschienen – Rekord in der Fachschaftsgeschichte.

Höchste Zeit: Denn möglicherweise schon im Sommer wird für viele nicht nur der Studienplatz, sondern auch der Zugang zu den Lehrveranstaltungen nur noch per Klage erreichbar sein.

Uli Mendgen

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