■ Die Werften: Abschwung Ost und deutscher Wirtschaftsfilz: Nur Blüten an der Küste
Blühende Landschaften im Osten versprach der Kanzler, und die Prophezeiung scheint sich zu erfüllen: An der deutschen Ostseeküste wiegen sich künftig immer mehr Blümchen im Wind, denn Industrieflächen drohen dort zur aussterbenden Spezies zu werden. Der größte deutsche Werftverbund, die Bremer Vulkan AG, braucht schnell eine Milliarde Mark. Die hat er nicht, und deshalb geht er in Konkurs.
Die Ostwerften wollen sich nun mit einem eigenen Zusammenschluß retten. Der wird genauso teuer, weil die alte Vulkan in den letzten Jahren mehr als 850 bundeseigene Millionen für die ehemaligen DDR- Schiffbaubetreibe in ihrer roten Bilanz verschwinden ließ.
Zahlen soll die Milliarde für die Ost-Modernisierung nicht nur die Treuhandnachfolgerin mit dem schönen Namen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und damit das Bundesfinanzministerium, sondern zu einem Drittel auch das Land Mecklenburg-Vorpommern.
Woher das Geld im knappen Haushalt des Küstenlandes kommen soll, weiß niemand. Der CDU-Flügel der Großen Koalition in Schwerin verschuldet sich bis über beide Ohren, um der Parteiräson der Bundesregierung nachzugeben. Denn schließlich zeichnete die bundeseigene BvS für die damalige Privatisierung verantwortlich. Sie hätte überwachen müssen, wo die insgesamt 1,5 Milliarden an Subventionen für die Ostwerften hingehen. Obwohl seit Jahren Insider den Geldtransfer in das schwarze Loch Vulkan anprangerten, tat die BvS nichts.
Daß die größte Oppositionspartei in Bonn, die SPD, beim Vulkan-Skandal so ruhig bleibt, ist nicht weiter erstaunlich. Der Schimmelpilz Werftenverbund ist schließlich auf SPD-Mist gewachsen, bei den Parteifreunden in Bremen. Da wettert der SPD-Ossi Ringstorff, Wirtschaftsminister in MeckPom, vergeblich. Nach einem neuen Rechtsgutachten müßte die BvS sogar die Ostbetriebe jetzt zuerst zurücknehmen und dann von neuem privatisieren. Das tut sie natürlich nicht, Paragraphen hin oder her. Denn Finanzminister Waigel will einen Präzedenzfall um jeden Preis vermeiden. Immerhin könnten viele der Betriebe in den neuen Ländern – vielleicht sogar die Mehrheit – ihre Privatisierung mangels Gewinn und Eigenkapital für gescheitert erklären.
Damit wäre der Aufschwung Ost dann auch offiziell gescheitert. All die schönen Träume, wie wer in deutsche Geschichtsbücher eingeht, müßten neu geträumt werden. Reiner Metzger
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