Die Wahrheit: Herrenmode für Außerirdische
Was den Modekauf angeht, lastet auf manchen Männern ein Fluch. Zum Glück lässt der sich nachhaltig umgehen, zum Beispiel mit Konzertbesuchen.
F ällt dir was an mir auf?“, fragt mein Freund Alf, als wir uns vor der Kneipe treffen. Alf heißt eigentlich anders, aber er möchte seinen Namen nicht in meinen Texten lesen. Lieber will er nach einer „Figur aus der Weltliteratur“ benannt werden. Bestimmt hatte er keinen Alien aus dem Uralt-TV im Sinn, aber es passt halt: Alf ist klein, rund und haarig. Außerdem mag er Katzen.
„Ich war beim Friseur“, klärt mich Alf auf. Ich schaue auf seinen rötlichen Schopf. Alf sieht aus wie immer, nur älter. Aber immer noch so, als habe er sich mit einem Elektroschocker frisiert. „Ach, Alf“, seufze ich. „Das bringt doch nix, weißt du doch.“
Auf meinem Freund Alf und mir lastet nämlich ein Fluch. Frisuren und Mode wirken bei uns nicht. Vielleicht sind wir immun dagegen. Ich bin einmal den ganzen Tag im Anzug herumgelaufen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Die Leute haben es nicht geschafft, den Aufzug und meine Person zusammenzubringen, Stichwort kognitive Dissonanz. Da kommt man nicht gegen an. Und gegen Alfs wilden Wirbelkopf kommt kein Friseur an.
Außerdem sorgt der Fluch dafür, dass Mode nicht an uns haften bleibt. Wann immer ich mir Schuhe kaufen will, komme ich mit einem Buch zurück. Brauche ich eine Jacke, wird es eine Schallplatte. Größere Anschaffungsversuche münden eigentlich immer in einer Gitarre. Alf ist dagegen ein Technik-Midas. Kauft er sich einen Mantel, verwandelt der sich noch in der Einkaufstüte in einen Flachbildschirm oder eine Drohne.
Wir haben aber gelernt, dem Fluch ein Schnippchen zu schlagen, indem wir Modeläden und Outletstores meiden und alternative Bezugsquellen nutzen. Alf trägt heute ein T-Shirt mit dem Aufdruck einer Installationsfirma, obwohl er noch nie einen Siphon gewechselt hat und auf meinem steht „Elephant Riding Thailand“ drauf, obwohl ich nie in Asien war, sondern bloß mit Alf im Sozialkaufhaus um die Ecke. Alle paar Monate treffen wir uns dort. Alf tauscht seinen versehentlich erlegten Technikschnickschnack gegen Klamotten ein, und ich versuche, Bücherüberschuss gegen Anziehsachen loszuwerden.
Das Geld, dass wir beim Klamottenkauf im Sozialkaufhaus sparen, geben Alf und ich für Konzerte aus. Heute spielt ein Gitarrenschrat aus den USA, dem ich vor zehn Jahren ein T-Shirt und eine Schallplatte abgekauft habe. Die Platte läuft noch, aber das Shirt fällt auseinander, deswegen brauche ich ein neues.
Außerdem finde ich das Shoppingkonzept überzeugend: Es gibt Bier und Musik bei der Anprobe, vor allem aber wird jeder modische Beratungsversuch gnadenlos überdröhnt. Später kann ich behaupten, ich sei beim Kauf eines kotzgrünen Shirts in Größe S besoffen gewesen. Dafür haben die Leute Verständnis. Wenn ich so was nüchtern aus einem Geschäft mitbringe, lachen wieder alle.
Leider ist die Auswahl an den Merch-Ständen begrenzt. „Hoffentlich hat er jetzt auch Unterhosen und Socken“, hofft Alf, aber so ausdifferenziert ist der Kapitalismus dann doch nicht.
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