Die Wahrheit: Vom Laufen des Ladens
Wie gut, dass man jetzt gegen all diese woken und weltfremden Parasiten im Pelz des Volkes eine Alternative wählen kann. Eine empörte Empörung.
U ff, eine frische Kolumne im August, während alle anderen im Urlaub sind. Aber irgendwer muss ja „den Laden am Laufen“ halten, wie jetzt ständig alle fordern. Denn das ist das Wichtigste: dass der Laden läuft. Wieso, weshalb, warum und vor allem wohin ist dabei völlig wumpe.
Hauptsache, er läuft und läuft und läuft, wie einst der Volkswagen, als man noch „Volk“ sagen durfte und „Wagen“, ohne dafür angeranzt zu werden von irgendwelchen woken Treibhausschülerinnen, die noch nichts im Leben geleistet, also nichts zum Laufen des Ladens beigetragen haben, denn anstatt mal einen Hammer in die Hand genommen oder Schweinehälften von Budapest nach Wanne-Eickel gefahren oder Handyversicherungen verkauft, haben die lieber auf der faulen Haut gelegen, also gelesen oder gar studiert und wissen daher nichts vom Leben und erst recht nichts vom Laufen des Ladens.
Am Ende haben sie sich dann mit ihrem weltfremden Gerede irgendeinen Studienabschluss und eine Anstellung erquasselt. Die schlimmsten Parasiten im Pelz des Volkes – „Pelz“ darf man ja wohl noch sagen, wenn man ihn schon nicht mehr tragen darf – sind eben Leute mit Studienabschluss, die damit womöglich auch noch Geld verdienen, an Universitäten etwa oder in Stiftungen, Forschungsinstituten oder gar beim Staat, was aber sowieso alles dasselbe ist, weil der ganze Spaß letztlich finanziert wird von jenen, die den Laden am Laufen halten durch Gehämmere, Schweineteilverbringung und Versicherungsgeschacher, also richtige Arbeit.
Schlimmer sind nur noch diejenigen, die unter fadenscheinigen Vorwänden wie „bin doch erst 16“ noch gar nichts zum Ladenlaufen beigetragen haben, aber uns arbeitender Bevölkerung trotzdem damit in den Ohren liegen, dass wir ihre Zukunft ruinieren, obwohl wir sie doch gerade mit noch mehr Nägeln, Schweineohren und Handyversicherungen versorgen.
Noch schlimmer sind nur jene, die zwar studiert, aber dann nicht einmal einen Abschluss gemacht haben, für den man sie verachten kann, sondern die die Frechheit besitzen, einfach so ihren Lebensunterhalt zu verdienen – und die dann auch noch launige Kolumnen darüber schreiben, dass sie eben damit im August den Laden am Laufen hielten. Denn jetzt mal im Ernst: So ein Textlein hier oder drei Sack Koteletts – merken Sie selbst, oder?
Gut, dass man gegen diese Dummschwätzer jetzt endlich eine Alternative wählen kann. Angeführt von halbseidenen Rechtsanwälten, gescheiterten Gymnasiallehrern und abgehalfterten Rundfunkmoderatoren, die noch wirklich wissen, was harte, ehrliche Arbeit ist und die sich ihr ganzes Leben eingesetzt haben für die Belange der einfachen Leute.
Die werden schon dafür sorgen, dass der Laden am Laufen gehalten wird, ganz bestimmt. Denn wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch einen Nagel in einen Apfelbaum schlagen und ein Eisbein pflanzen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm