Die Wahrheit: Müll mit Haftpflichtversicherung
Auch in Irland stimmt man in den alten Song ein: Das ist Bürokratie, langweilig wird sie nie… Schon gar nicht im Lockdown.
O bwohl in Irland kompletter Lockdown herrscht, darf man wenigstens spazieren gehen. Aber nur im Umkreis von fünf Kilometern vom Haus. Man darf dabei Menschen aus einem anderen Haushalt treffen – aber nicht im eigenen Garten, denn dort ist die Ansteckungsgefahr offenbar größer als im Park.
Eine Polly aus dem westirischen Galway bemerkte beim Flanieren, dass sich in den Hecken in ihrer Nachbarschaft jede Menge Müll verfangen hatte. Sie begann, das Zeug auf ihrer täglichen Runde einzusammeln.Schließlich erkundigte sie sich bei der Bezirksverwaltung, ob man ihr vielleicht Müllsäcke zur Verfügung stellen könnte. Die Verwaltung antwortete prompt. Ihre Initiative sei sehr erfreulich, aber sie müsse zunächst ein Formblatt ausfüllen. Das umfasste fünf Seiten, dazu vier Seiten mit Erklärungen, wie das Formblatt auszufüllen sei.
So sollte Polly nachweisen, dass sie eine allgemeine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe, die Schäden bis zu 6,5 Millionen Euro abdeckt. Vorher sei nicht daran zu denken, eine leere Coladose aufzuheben. Außerdem sollte sie eine Erklärung vorlegen, dass ihr Vorhaben nicht gegen bestehende Gesetze über Gesundheitsschutz und Sicherheit verstoße. Darüber hinaus seien eine „Verfahrensanweisung“ sowie ein „befristeter Plan zur Verkehrsregelung“ nötig. Polly entsorgte das Formblatt und die Anweisung zum Ausfüllen in der Recyclingtonne und benutzt nun weiterhin ihre eigenen Müllsäcke.
Früher gab es in Irland zwar auch idiotische Gesetze, aber sie wurden mehr oder weniger ignoriert. Bis 1964 zum Beispiel stand auf einen Suizidversuch die Todesstrafe. Zwischen 2003 und 2016 hat das irische Parlament mehr als 60.000 lustige Gesetze abgeschafft, die meisten stammten noch aus der britischen Besatzungszeit. Seitdem ist es verboten, Menschen öffentlich an den Pranger zu stellen, wenn sie einen Meineid geleistet haben.
Man fühlt sich downgelockt
Dafür hat man aber neue Gesetze geschaffen, die ähnlich absurd sind. So dürfen Ministerialbeamte Autos, Schiffe, Flugzeuge und Eisenbahnen nach Eiern durchsuchen. Man muss also vorsichtig sein, denn bald ist Ostern.
Manchmal kommt der Unfug über Umwege auch aus Brüssel. Die EU erklärte den Begriff „Blaa“ zur geschützten Ursprungsbezeichnung, und seitdem darf ein „Bap“, ein weiches Brötchen, nur „Blaa“ genannt werden, wenn es im südirischen Waterford gebacken wurde. Außerdem hat die EU den Leprechaun, den irischen Kobold, unter Artenschutz gestellt: Die Slieve Foy Mountains sind laut EU-Verordnung Schutzgebiet für „Flora, Fauna, wilde Tiere und das kleine Volk“.
In Dublin gilt ein Gesetz, das es Ehrenbürgern erlaubt, ihre Schafe in öffentlichen Parks grasen zu lassen. Das hat Bono, der Sänger der Popkapelle U2, natürlich ausgenutzt. Er lieh sich ein paar Lämmer und zog mit ihnen in den Stadtpark St. Stephen’s Green. Interessanter wäre es gewesen, hätte Bono unter Aufsicht sonnenbebrillter Schafe selbst gegrast.
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