Die Wahrheit: Schmähgesänge eines Söldners

Prinz Philip, Gemahl der Queen, wird heute 999 Jahre alt. Die wahre Würdigung eines uralten Knochens aus dem Mittelalter.

Schon ewig in der Geschichte unterwegs: Prinz Philip Foto: dpa

Geboren wird er hinein in eine Epoche, in der Basileios II. „der Bulgarentöter“ Kaiser des Byzantinischen Reiches ist. Zwar ist seine Geburt im Jahr 1021 urkundlich belegt, aber mehr als seinen Namen „Philippos der Grieche“ sollte die Nachwelt zunächst nicht erfahren, die Medien seiner Zeit nahmen ihn nicht zur Kenntnis, weder der Ort noch die Umstände seiner Herkunft sind bekannt.

Draußen tobten die historischen Stürme des Hochmittelalters. Es gab drei Klassen, Adel und Kirche befehdeten sich im endlosen Investiturstreit, und der 98-prozentige Rest der Bevölkerung beackerte die steinigen Felder des irdischen Lebens, starb früh und stand sich am Himmelstor die Beine in den Bauch, weil Adlige und Geistliche Vorrang hatten auf dem Weg zur Wolke sieben, die für die breite Masse auch nur die langweilige Hölle der Ewigkeit bot.

Wie er seine Kindheit und Jugend verbrachte, weiß also niemand, aber Philippos muss eine byzantinisch-griechische Erziehung genossen haben, die ihn nicht ins geistliche Fach mit seinen prallen Pfründen führte, sondern an die Spielekonsole mit „Doom“ und „Counter-Strike“, wo er zum adligen Söldner geformt wurde, der sich zeitlebens auf den Schlachtfeldern der Welt verdingte.

Rüde Beschimpfungen auf Twitter

Erstmals ins Blickfeld der mittelalterlichen Öffentlichkeit geriet er im Jahr 1066, als Prince Philippos, wie er sich inzwischen nannte, auf der Seite der französischen Normannen nach Britannien übersetzte und auf die Einheimischen eindrosch. Seinem Vorgesetzten Wilhelm der Eroberer fiel er dabei unangenehm auf, weil er vor der Schlacht bei Hastings die Angelsachsen auf Twitter rüde beschimpfte: „hoerner auf helmae, niht hoerner in hoosen“ hätten die wackeren Männer um König Eduard den Bekenner. Der Tweet unter die Gürtellinie habe die Angelsachsen nur unnötig angestachelt, so der Vorwurf an Prince Philippos, der dennoch nach der gewonnenen Schlacht mit dem Adelstitel eines Duke of Edinburgh belohnt wurde.

Danach verliert sich sein Werdegang zunächst im Dunkel der Geschichte, allerdings soll Prince Philippos die Vorlage gewesen sein für eine Figur in der vor allem im 13. Jahrhundert beliebten Netflix-Serie „Feirefiz“. Die in Venedig produzierte Science-Fiction-Serie erzählt das Leben einer Nebenfigur aus Wolfram von Eschenbachs „Parzival“. Feirefiz ist Parzivals Halbbruder und schwarz-weiß gescheckt, erlebt wundersame Abenteuer und muss sich seines Gegenspielers „Ritaere Philippus“ erwehren, der ihn mit Schmähgesängen in den Wahn treiben will. Zum geflügelten Wort im Spätmittelalter wird dessen Beleidigung „swarz-weiszer ars mit oren“, die eine von sanfter Liebeslyrik geprägte höfische Gesellschaft tief verstört.

Wie aus dem Nichts des Mittelalters erscheint Prince Philippos wieder am 23. Mai 1547. Als Söldner hatte er sich dem Heer des katholischen Kaisers Karl V. angeschlossen, der im Schmalkadischen Krieg die Protestanten besiegte und nun die Stadt Wittenberg einnahm. Am Grab Martin Luthers standen der Kaiser und sein Heerführer, der Duque de Alba. Im Hintergrund eines YouTube-Videos ist deutlich Prince Philippos zu sehen, der im hohen Bogen auf die Ruhestätte Luthers in der Schlosskirche uriniert und dabei wilde Drohungen gegen den toten Reformator ausstößt („den duebel mit piss traenken“).

Vollmundige Behauptungen auf Tiktok

Erneut ins Blickfeld gerät Prince Philippos im Umfeld der Französischen Revolution. In einem Clip bei Tiktok macht er sich über die Jakobiner und den Wohlfahrtsausschuss lustig und behauptet, der Geliebte von Marie Antoinette zu sein. Mehrere Stücke Kuchen mampfend erklärt er vollmundig: „Wenn die Leute da draußen kein Brot haben, dann sollen sie verdammte Scheiße noch mal Kuchen fressen!“ Was die hungernden Massen auf den Straßen von Paris enorm empört und letztlich zur Enthauptung der Königin durch die Guillotine führt.

Doch der grobschlächtige Prince Philip, wie er neuerdings heißt, hat in seiner langen Laufbahn schließlich doch noch etwas gelernt. Nicht ohne Grund steht oben auf seiner Facebook-Seite sein Lebensmotto: „Ich würde die Fehler, die ich mache, lieber nicht machen.“

Er ist ruhiger geworden mit den Jahren, der Trubel der Jahrhunderte hat Spuren hinterlassen. Aber seine Affäre mit der französischen Königin hat den alten Knochen auf den Geschmack gebracht. Also entschließt er sich, im gehobenen Alter von 926 Jahren am 20. November 1947 zu heiraten: „Sausage“, das Würstchen, wie er seine Angetraute, die in der Welt nur als Queen Lissy bekannt ist, liebevoll nennt.

Fortan gibt es nur noch kitschige Storys von einem knorrigen Mann im Windschatten einer unsterblichen Königin. Sein wahrer Hintergrund wird elegant ausgeblendet. Gönnen wir es ihm, und feiern wir mit dem ewigen Prinzen seinen heutigen 999. Geburtstag. Darauf mit seinem Lieblingsgruß ein dreifaches: „Fuck, fuck, fuck!“

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.