Die Wahrheit: Der alte Padre und die Ufos
Ein romantischer Abend. Am nächtlichen Himmel zeigen sich unbekannte Flugobjekte. Eine Geheimoperation? Trägt der Partner deshalb einen schiefen Hut?
W ir saßen neulich romantisch auf dem Balkon, tief in der Nacht mit einer Tasse Kakao. Plötzlich rief ich: „Ach, du Scheiße, was ist das denn?“ Da flogen ungelogen ungefähr dreißig Ufos über das Himmelszelt, und ich schwöre, ich habe genau mitgezählt. Eines nach dem anderen, als wäre es ein Wettrennen. Eine schnelle Google-Recherche ergab nur, dass in dieser Nacht irgendein Superstudent seine neue Spannerdrohne austesten wollte. Der strunzdoofe Depp entschuldigte sich im Fernsehen für eventuelle Unannehmlichkeiten und betonte, seine Drohne sei garantiert kein Ufo.
Uns war sofort klar, dass der angebliche Student von der Regierung geschmiert war, um beunruhigte Wutbürger wieder zu beruhigen. Und jetzt rechneten wir eins und eins zusammen. Es ergab zwei. Aber da waren ja noch die dreißig Ufos.
Mein Partner erklärte mir, ich sei in letzter Zeit etwas wunderlich geworden. Das beeindruckte mich nicht, denn das hatte ich schon selbst herausgefunden. Allerdings wusste ich nicht, ob ich ihm noch blind vertrauen konnte, denn in letzter Zeit trug er seinen Hut etwas schief. So als wollte er einer fremden Macht ein Geheimnis verraten. Nur welches Geheimnis, das galt es noch zu ermitteln.
Wir blickten uns aus zu bedrohlich zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen vielsagend an. Und sprachen kein Wort. Hier wäre jedes Wort zu viel gewesen. Irgendwo maunzte eine Katze und riss mich mit diesem Ton, den ich von Kindheit auf kannte, aus der lebensbedrohlichen Schwermut, die mich in den letzten zwei Minuten befallen und fast das Leben gekostet hatte.
Ich wusste nicht mehr ein noch aus und spielte mit dem Gedanken, dem alten Padre eine verschlüsselte Nachricht zukommen zu lassen. Der alte Padre hatte mich schon aus so mancher heiklen Situation gerettet, wenn ich in Schwierigkeiten gewesen war.
Er selbst war als Waisenkind in Castrop-Rauxel aufgewachsen und musste sich schon früh als Schuhputzer, Taschendieb und Komparse verdingen. Er kannte weiß Gott die Nöte, die einen überkommen können, wenn man nicht mehr weiter weiß. Doch der alte Padre war voriges Jahr unter ungeklärten Umständen gestorben und ich wollte keine schlafenden Hunde wecken. Was war also zu tun? Der alte Padre hätte es gewusst. Ich lenkte meine Augen abermals gen Himmel und erschrak: keine Ufos mehr!
Mein Partner und ich tauschten Blicke aus. In meinem inneren Ohr erklang ein Geräusch, als hätten wir die Klingen gekreuzt. Aber auf eine charmante Art. Ich begann, meinen Partner näher zu betrachten, doch es blieb keine Zeit für possierliches Gepose, denn wie von Geisterhand geschubst schlug die Balkontür zu. Es war kurz vor Mitternacht. Meinem Partner stand das Entsetzen ins aufgerissene Gesicht geschrieben und ich wirkte sicherlich auch nicht viel besser. Verzweifelt schauten wir uns an. Er sah gut aus. Der Schrei eines Käuzchens riss uns aus der Lethargie. Es war romantisch!
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