Die Wahrheit: Meine neue Briefmarkensammlung
Nicht nur die älteste Amalgamfüllung der Welt (von 1977!) gehört dringend auf eine bundesdeutsche Briefmarke, sondern auch Leibspeisen und mehr …
Mein neues Hobby ist das Vorschlagen von Themen für Briefmarkenserien. Das ist genauso heiß, wie es klingt: Man schickt dem Bundesfinanzministerium eine formlose Mail, oder einen Brief mit einer langweiligen Marke, die die Notwendigkeit des Anliegens verdeutlicht. Und dann muss Olaf Scholz gemeinsam mit einem dreizehnköpfigen Programmbeirat im Herbst entscheiden, was auf der neuen Sonderedition zu sehen sein wird.
Es gibt zwar inhaltliche Vorgaben, aber die bremsen mich nicht aus, sondern beflügeln mich: „gern runde Jubiläen“, „keine lebenden Personen“ und „keine Ereignisse mit lokaler Bedeutung“ beispielsweise. Absolut nichts spräche demzufolge gegen meinen ersten Vorschlag: „100 Jahre Amalgamfüllungen“ – und dann briefmarkengroße Zahnbilder mit und ohne Karies, aber immer mit silbrig glänzender Füllung, und als Sondermarke in der Mitte des Briefmarkenblatts „Die älteste Amalgamfüllung der Welt“ – mein 36er: Seine Füllung stammt aus dem Jahr 1977.
Den Vorschlag „Outfits der Queen“ muss ich dagegen aus offensichtlichen Gründen bis auf Weiteres zurückstellen, allerdings wohl nicht mehr lange, und ich freue mich schon auf die pastelligen Marken. Lange habe ich zudem überlegt, wie ich Olaf Scholz „Meine Lieblingsoutfits“ unterschmuggele – ich lebe, zugegeben, gerade noch so, aber es wäre praktisch, wenn ich eine schöne Erinnerung an gelungene Outfit-Zusammenstellungen und Accessoires hätte, und ich mache ungern Selfies.
Garantiert recht einfach durchzusetzen ist wiederum die etwas mainstreamige Idee der Reihe „Stars with glasses“: Michael Caine, John Lennon, Harold Lloyd, Roy Orbison, Nana Mouskouri, Buddy Holly, Iris Apfel und Lisa Loeb. Die Sondermarken stehen auch schon fest: Ray Charles und Stevie Wonder.
Um der Kultur mehr Platz einzuräumen, habe ich eine weitere Serie vorgeschlagen: „Unleserliche Death-Metal-Bandlogos“
Da auf Postwertzeichen bislang selten leckere Speisen zu sehen sind, stelle ich mir unter der Überschrift „Leibspeisen“ Fotos von „Grünkohl mit Kassler, Kartoffeln und Pinkel“, „Eisbein mit Sauerkraut“ und „Birnen, Bohnen und Speck“ vor – oder ist das schon zu regional? Man könnte die Edition auch um eine Unterreihe mit „Imbissen über 800 kcal/Portion“ erweitern, wo „Currywurst Pommes Schranke“ und andere nahrhafte Dinge gewürdigt würden.
Um der Kultur mehr Platz einzuräumen, habe ich eine weitere Serie vorgeschlagen: „Unleserliche Death-Metal-Bandlogos“. Die krakeligen Schriftzüge mit „Bloodbath“, „Mayham“ und „Immortal“ könnten gleich zwei Spinnen mit einer Klappe schlagen: Sie brächten schreibfaule Fans zurück zur postalischen Kommunikation und entwickelten aufgrund ihrer Typografie eine ganz eigene ästhetische Wirkung, vor allem wenn man sie auf „Frohe Ostern“-Postkarten klebt.
Wenn man dann noch das Postkartenporto auf 666 Cents anhebt, könnte sich die Idee sogar zur Dauermarke entwickeln. Außerdem passen die Briefmarken-Sammelalben gut neben die Vinyl-Sammelalben.
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