Die Wahrheit: Ratschläge für Riesenidioten
Ein dringend notwendiger Abschlussbericht zum diesjährigen Weltfrauentag nach den ersten einhundert Jahren.
J a, klar, ist wieder ganz viel schiefgegangen am Weltfrauentag. Schließlich gibt es ihn noch nicht so lange, da muss man noch mal üben, wenn man die ersten hundert Jahre Frauentag verpasst hat. Außerdem ähnelt er Weihnachten, denn das kommt auch immer recht überraschend. Und weil wieder nix geklappt hat, hier ein paar brandheiße Tipps für nächstes Jahr von Oma Suse, die schon bei der Erfindung des Frauentags gesagt hat, dass das alles gar nichts bringen wird:
Ratschlag eins: Einfach mal die Klappe halten. Insbesondere, wenn man eine Firma leitet, in der die Vorstandsetage aussieht wie die Riege der Staatssekretäre im Innenministerium (Frauenanteil null Prozent, in Worten: null Prozent). Dann stellt man sich nicht in seinem teuersten Anzug in Machtpose vor eine Skyline und „denkt über Frauen nach“, nur weil ein Shitstorm auch gute Reklame sein kann.
Ratschlag zwei: Bullshit-Bingo vermeiden. Was garantiert nicht passiert, wenn irgendein überbezahlter Heini versucht, sich jetzt mal was Nettes über die Randbebauung in seinem Leben abzuquetschen (ich wähle absichtlich eine Metapher, die auch in der Firma Engel & Völkers verstanden wird): Meine Mutter, liebevoll, großes Vorbild, meine Mutter, fürsorglich, unterstützend, meine Mutter und außerdem meine Mutter. Eine Welt ohne Frauen wäre ärmer. Meine Frau. Rücken freihalten. Meine Mutter. Meine Großmutter. Frauen bedeuten mir viel. Wir begrüßen eine Erhöhung des Frauenanteils (äh, aber auf keinen Fall da, wo es um Geld und Macht geht). Ohne Frauen geht es nicht. Insbesondere nicht ohne meine Mutter. – Ja, ratloser Mann, wenn du all diese Fettnäpfchen im nächsten Jahr vermeidest, gibt es dann noch was zu sagen? Gehe zurück zu Ratschlag eins.
Ratschlag drei: Gut gemeint, aber doof – das passiert selbst den besten unter uns. Oder sitzen bei der guten alten Tante Zeit auch einfach nur dumme Löffel? Sie wiesen per Twitter auf folgendes Phänomen hin: „Wegen des morgigen Weltfrauentags arbeiten die weiblichen Mitarbeiterinnen des Zeit-Verlags morgen nicht. Der Betrieb läuft wie gewohnt weiter.“
Als wir aufgehört hatten zu lachen, fiel uns doch noch auf, dass „Mutti darf heute mal nach Hause gehen“ keine besonders emanzipative Maßnahme darstellt. Liebe „weibliche Mitarbeiterin“ der Zeit, warst du schön Shoppen am Frauentag oder hast du dir doch lieber die Nägel machen lassen? Und hast du vor den lieben Chefs einen Knicks gemacht, weil sie dir generös einen freien Tag spendiert haben, nur weil du ein Mädchen bist?
Wenn man so viel falsch machen kann, sollte man es dann nicht einfach lassen und die Klappe halten? Nein, Jungs, war doch nicht so gemeint, bitte, bitte, macht weiter. Ich will mich auch nächstes Jahr wieder totlachen über tapsige Riesenidioten. Solange wir nicht endlich die Hälfte der Macht haben, bin ich froh darüber, dass es euch nicht gelingt, so zu tun, als ob alles in Ordnung sei. Weil es nämlich nicht in Ordnung ist. Bussi von Euren Müttern.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!