Die Wahrheit: Nazis ohne Nachtisch
Die Bundesregierung erlässt einen Maßnahmenkatalog gegen sächsische Verhältnisse und setzt einen Großinquisitor gegen Sachsen-Bashing ein.
Durch einen bedauerlichen Übermittlungsfehler haben wir kürzlich an dieser Stelle eine Falschmeldung verbreitet: Die Bundesregierung plane, da in Sachsen dauerhaft Grundrechte wie die Pressefreiheit verletzt würden, das Bundesland zu schließen und aus der Bundesrepublik Deutschland auszukoppeln. Außerdem habe man den sächsischen Dialekt auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik verboten und einen Ausschluss des RB Leipzig aus der Fußball-Bundesliga verfügt. Als Sofortmaßnahme würden künftig Quarkkeulchen unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, hieß es. Das sind leider nach heutigem Stand der Erkenntnisse Fake-News. Unsere Quelle hat dermaßen genuschelt, dass wir alles falsch verstanden haben. Wir bedauern die Unrichtigkeit dieser Nachricht zutiefst.
Jetzt hat sich unser geheimer Informant, den wir an dieser Stelle „Dieb Schrot“ nennen wollen, wieder gemeldet und sich für die Fehlleistung entschuldigt. Es wäre aber auch nicht gut, wenn man die Sachsen aus Deutschland abschöbe, vor allem für die Betroffenen: „Die Sachsen hatten ja nie was, nicht mal Ausländer. Dann wären sie gar keine Deutschen und damit gar nichts mehr. Den Sachsen würde nichts anderes übrigbleiben, als sich den Finger in den Po zu stecken, daran zu riechen und tot umzufallen.“ Eine Selbstmordart, die wir uns in ihrer ganzen Brutalität gar nicht vorstellen wollen.
Sprachbrei nach Zerhackung
„Dieb Schrot“ ist ein hoher Beamter im Bundeskanzleramt, den das Versagen der Kanzlerin im Fall des notorischen Freistaats Sachsen immer wieder umtreibt. Leider benutzt er aus Sicherheitsgründen gern ein sogenanntes Zerhacker-Handy, das Spionage abwehren soll, aber in Verbindung mit dem sächsischen Dialekt einen Sprachbrei anrührt, in dem die Wahrheit auf der Strecke bleiben kann. Deshalb haben wir ihn diesmal ganz klassisch in einer Tiefgarage getroffen, um von Mund zu Ohr den aktuellen Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zu vernehmen.
Nach den Ereignissen von Chemnitz, bei denen ein brauner Mob die Sachsenmetropole nächtelang im Griff hatte, habe sich, so „Dieb Schrot“, die Kanzlerin höchstpersönlich entschlossen, durchzugreifen. Wichtigste Maßnahme: Alle Nazis müssen ohne Nachtisch ab ins Bett! Das funktioniere immer, habe die erfahrene Bundesoberpädagogin Angela Merkel in der Kabinettsrunde behauptet.
Zunächst einmal werde die Kanzlerin aber von Berlin aus dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, wie es in der Politikersprache heißt, „den Rücken stärken“. Dass der schmale Rücken des mickrigen Kretschmer keine Verlängerung nach unten aufweise, sei Merkel dabei egal. „Der Mann hat zwar keinen Arsch in der Hose, aber irgendwie müssen wir ihn bis zu den Landtagswahlen im nächsten Jahr durchschleppen. Notfalls auf meinem breiten Rücken“, habe Merkel verkündet.
Hooligans mit Besen und Schrubber
Ein wichtiger Punkt im Aktionsplan sei eine „stalinistische Säuberungswelle“, wie Merkel mit ihrem weltberühmten Humor betont habe. Dafür würde ab sofort bei jedem Fußballspiel in Sachsen die zweite Halbzeit komplett gestrichen. In der dann zur Verfügung stehenden Zeit müssten sämtliche Hooligans mit Besen und Schrubber antreten, um das zu tun, was sie unbedingt immer tun wollten: Städte gründlich säubern. „Der ‚Nischel‘ in Chemnitz braucht schon länger mal wieder eine Generalreinigung“, verweist „Dieb Schrot“ auf das verwitterte Karl-Marx-Denkmal. Bei Nichtbeteiligung drohe das gute alte Umerziehungslager für Nazis, ein Konzept, von dem man sich in der Demokratie dummerweise viel zu früh verabschiedet habe.
Allerwichtigste Maßnahme sei jedoch die Einsetzung eines Großinquisitors, der noch über dem handlungs- wie planlosen Ministerpräsidenten Kretschmer stehen würde und mit Sonderrechten ausgestattet werde. Für den Posten dieses „Volks-Honeckers“ am besten geeignet sei der Leipziger Kabarettist Uwe Steimle, so die Kanzlerin. Der inzwischen völlig abgedrehte, selbsternannte Volkstribun Steimle dürfe dann durchs Land fahren und als eine Art Torquemada außergerichtliche Entscheidungen ad hoc fällen. So würde jeder, der nicht bei drei die untere Kinnpartie nach vorne schieben und fehlerfrei den sächsischen Blödmannsatz „Orschwerbleede“ herauspressen könne, sofort quarkgekeult.
Wenn alles gut liefe, so „Dieb Schrot“, dürfe der Großinquisitor Steimle seine Tätigkeit ab 2019 auf das gesamte Bundesgebiet ausweiten. Eine besondere Strafe hätte er dann für das um sich greifende Sachsen-Bashing in petto: die Leipziger Kabarettfolter! Sachsenspötter müssten 24 Stunden lang Kalauer aus der sächsischen Wortspielhölle ertragen. „Das hält nicht mal die Kanzlerin aus! Und die hat ein kohldickes Fell!“, erklärt unser Geheiminformant zum Abschied und schiebt sich sein letztes fetttriefendes Quarkkeulchen in die Gusche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken