Die Wahrheit: Heiße Frankfurter Luft
Unter den Windbeuteln der „FAZ“ ist der Online-Schreiber Frank Lübberding der Orkan im Äppelwoi-Glas.
W ill man sich das Elend des deutschen Onlinejournalismus mal deutlich vor Augen führen, sollte man die Talkshow-Nacherzählungen von Frank Lübberding auf FAZ.net lesen.
Im Oktober lud Frau Maischberger in ihre gleichnamige Sendung, um nach den Orkanen und Hurrikans der Saison über den Klimawandel zu streiten. Und wie es die Talkshow-Arithmetik verlangt, wird das Gästeportfolio streng nach der Pro/Contra-Arithmetik zusammengestellt, weshalb halt immer eine maximal abwegige Position zu besetzen ist. Dieser simplen Showlogik verdankte schon die AfD ihren stets vorgewärmten Talksessel, wenn zufällig auch jemand mit etwas dunklerer Hautfarbe zugegen war, quasi als Weihwasserkopf, um dem fremdländischen Teufel die Stirn zu bieten – sofern Sahra Wagenknecht gerade keine Zeit hatte.
Die Klimadebatte funktioniert ganz genauso, und auch da könnte man die „etwas andere Meinung“ konsequent mit AfDlern besetzen, wie bei ziemlich vielen anderen Themen auch, aber die haben halt ihr Flüchtlingsabo. Stattdessen wählte die Maischberger-Redaktion Alex Reichmuth aus, der als „Wissenschaftsjournalist“ bei der Schweizer Weltwoche durchgeht und mich schon zu der Überlegung verführt hat, ob ich mich bei dem Blatt nicht mal als Sportreporter bewerben sollte. Ich und Sport!
Es kommt ja nicht so oft vor, dass man Politiker der Grünen zustimmend zitieren möchte, aber Sven Giegold von ebenjenen twitterte dazu: „Ich glaube, es hackt! 97 Prozent der Forscher halten den Klimawandel für menschengemacht. Trotzdem sitzt bei Maischberger heute ein Klimaskeptiker.“
Was wiederum Frank Lübberding nun zu einer länglichen Suada darüber veranlasste, dass die „früheren Anhänger des herrschaftsfreien Diskurses mittlerweile die Herrschaft des eigenen Diskurses für die einzige akzeptable Debatte halten“, denn: „Nun haben vor der Finanzkrise des Jahres 2008 wahrscheinlich sogar 99 Prozent aller Forscher den systemischen Zusammenbruch des Finanzkapitalismus für ausgeschlossen gehalten. Er passierte trotzdem. Im wissenschaftlichen Diskurs zählt dummerweise das Argument und nicht die Mehrheitsmeinung.“
Soll man Frank Lübberding jetzt erklären, dass die Wirtschaftsredakteure der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gar keine Forscher sind? Weswegen sie vermutlich auch nie zuvor von der Zusammenbruchstheorie gehört haben, die immerhin seit Marx in der Volkswirtschaft intensiv diskutiert wird? Aber vor allem: Wenn im wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs das Argument zählen würde und nicht die Mehrheitsmeinung – dann gäbe es doch überhaupt keinen Finanzkapitalismus!
So, und jetzt warte ich auf meine Einladung zur nächsten Talkshow über die Weltökonomie und freue mich schon auf die folgende Besprechung bei Faz.net.
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