Die Wahrheit: Was ist Bono?

Eine nicht repräsentative Umfrage: Gut die Hälfte kennt keine Promis, 30 Prozent sind mit einem befreundet und 17 Prozent mit einem verwandt.

Neulich In der Eisenbahn von Dublin nach Galway im Westen Irlands: Ausgerechnet in dem Abteil, in dem ich meinen Sitzplatz reserviert hatte, waren die anderen Plätze von einer Gruppe junger Deutscher auf Klassenfahrt belegt. Erst wollte ich in den Speisewagen, aber so etwas gibt es bei der irischen Bahn nicht. Dann wurde die zweistündige Fahrt doch noch interessant.

Eine Brigitte fragte in die Runde: „Kennt ihr eigentlich irgendwelche Promis?“ Carsten, ihr Sitznachbar, antwortete: „Ich kenne eine, aber bloß um die Ecke rum. Kerstin B., die sich jetzt Christina B. nennt und Schlager singt, ging auf meine vorige Schule, von der ich wegen Schwänzen geflogen bin. Ihr ehemaliger Manager und mutmaßlicher Intimpartner Holger K. war ebenfalls auf unserer Schule. Er lässt dementieren, dass er mit dem Filmsternchen Jeanette B. Sex hatte.“

Ich war verwirrt, und die anderen Kids waren es auch, weil sie die geballte Information erst verdauen und dann überlegen mussten, wer sich hinter den Kürzeln verbarg. Aber Carsten verriet es nicht und ließ sich auch nicht mit einer Tüte Gummibärchen bestechen.

Brigitte hatte vor der Reise in ihrem Bekanntenkreis eine Umfrage gemacht. Gut die Hälfte kannte niemanden, der schon mal im Fernsehen war, aber immerhin 30 Prozent waren mit einem Promi befreundet. Und 17 Prozent waren mit einem verwandt. Das sei doch ziemlich unwahrscheinlich, wollte ich anmerken, hielt aber besser den Schnabel, um nicht als Deutscher aufzufliegen und den Gesprächsfluss zu hemmen.

„Promis kennenlernen ist relativ leicht“, prahlte nun Nathan, ein blonder Knabe mit einer Vokuhila wie ein Zuhälter, aber dafür war er zu jung. „Promis lieben Geld. Daher muss man auf Veranstaltungen mit gehobenem Stil und Preis gehen. Du musst eine Menge Geld investieren, dann hast du eine realistische Chance, mit einem Promi Freundschaft zu schließen.“

Jetzt mischte sich Pauline ein: „Mein Vater ist öfter mal bei einem Doktor Paul in Behandlung. Das ist der Vater der Schauspielerin Christiane Paul, falls die jemand kennt.“ Die kannte aber niemand, obwohl sie mal Bravo-Modell war. „Michael Schuhmachers Frau Corinna hat bei einer Freundin mal ein Pferd gekauft“, legte Pauline nach. „Das ist aber erstens schon ewig her, und zweitens habe ich es nicht gesehen.“

Jetzt platzte es dann doch aus mir raus: „Ich kenne Bono“, krähte ich, „wir sind auf dieselbe Schule gegangen.“ Das war gelogen. Meine Kinder sind auf dieselbe Schule gegangen, aber natürlich viele Jahre nach Bono. Jedenfalls war die gesamte Schulklasse vor lauter Ehrfurcht verstummt, wie ich glaubte, bis mich Brigitte fragte: „Was ist Bono?“ Dafür hätte ich sie knutschen können, nahm davon aber sicherheitshalber Abstand.

Zu Hause habe ich einen Test gemacht. Man kann im Internet tatsächlich herausfinden, welcher Promi am besten zu einem passt. Das Ergebnis war niederschmetternd: Lothar Matthäus. Das ist ja noch schlimmer als Bono.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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