Die Wahrheit: Rache ist Currywurst
Wenn sich ein veganer Gabelmao als großer Fremdficker betätigt, dann lässt die Vergeltung der betrogenen Freundin nicht lange auf sich warten.
W enn zwei sich trennen, muss das gar nicht immer nur schlecht sein. Das Lamento, das Gekeife, unschön, klar. Aber meistens fällt eben auch noch eine kleine Flüstergeschichte für den Freundeskreis ab. Und schon nach kurzer Schonzeit darf man sie öffentlich machen.
Erzfreund Volker bekommt immer diesen starren Blick, wenn ich erzähle, wie seine Verlobte sich plötzlich einem anderen Mann an den Hals wirft, er jedoch weiterhin täglich bei ihr vorbeifährt, um nach dem Rechten zu sehen und weil da vor der Tür dieser weiße Scirocco steht, dem er die Antenne verbiegen kann. Nach einer Weile sucht ihr Neuer das Gespräch. Er habe sich lange in Geduld geübt, aber die ständige Verbiegerei gehe doch ziemlich ins Geld. Ob er eigentlich wisse, was so eine Antenne koste. Damit müsse Schluss sein, sonst behalte er sich . . . Natürlich lässt Volker den auf einmal sehr weißen Scirocco-Fahrer nicht ausreden und biegt auch ihm nun die Antenne krumm.
Frauen sind womöglich subtiler, aber nicht weniger rachlüstern. Meine liebe Cousine Alexandra etwa hatte sich schon auf einen Lebensabend mit einem Veganer der strikten Observanz eingerichtet und dessen Nahrungsstalinismus längst in ihren Alltag eingebaut, einfach um auch mal wieder mit ihm über etwas anderes als die ethischen Implikationen des Rühreis reden zu können. Bis ihr schließlich aufging, dass der Gabelmao seine Lust aufs Tierische anders zu befriedigen wusste.
„Tanzen?“, soll er ihrer Freundin auf einer Party geantwortet haben. „Ich bin ja mehr so der Ficker!“ Und das stimmte wohl. Sie trennte sich bald. Wir halfen ihr beim Umzug, und nachdem alle Kisten in ihrer Wohnung verstaut waren, ging es in die Pinte. Alexandra begann mit einer Weinschorle, schloss sich aber bald uns Biertrinkern an, verschmähte auch eine Rutsche Jägermeister nicht und infolge mehrstündigen Zechens meldete sich schließlich grummelnd ihr Gekröse.
Sie müsse dringend noch „eine Kleinigkeit“ essen, mahnte sie, und auf einmal sah ich diesen sinistren Glanz in ihren Augen. Wäre ich nicht bereits so besoffen gewesen, es hätte mich kaum mehr überrascht, dass sie uns zu „Mutter Habenicht“ führte, dem Restaurant fürs Grobe, sie sich eine Currywurst Pommes „für Kranke“ bestellte und diese Aufgabe mit einer Opferbereitschaft anging, die man nur als heroisch bezeichnen kann. Ihre Züge besaßen jetzt etwas Hartes, Unversöhnliches, eine diabolische Aura umflorte ihr hübsches Antlitz, während sie sich sämtliche Schweinigeleien auf ihrem Teller inkorporierte. Das hier war astreine, ungestreckte Vergeltung, die Rache der geschundenen Kreatur. Ihr Peiniger bekam endlich das, was er verdiente.
Lange, das wusste sie genau, würde ihr Vernichtungsfeldzug nicht verborgen bleiben. Eine Woche später rief er an. „Wie konnte ich mich nur so in dir täuschen“, keifte er. „Du hast unsere Ideale verraten, du Mörderin. Da kannst du auch gleich mit ’nem Nazi ins Bett steigen.“ Alexandra lächelte fein. Sie will keinen Nazi im Bett. Sie will Rache. Und Rache ist Currywurst.
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