Die Wahrheit: Camping, Glamping, Clamping
Neues aus Neuseeland: Die Sommerferien gehen down under zu Ende, und damit endet die Zeit unter Zeltplanen im Dauerregen.
D ie Sommerferien gehen zu Ende. Zeit, um trocken zu werden. Nicht vom Trinken, das im Party-Advent begann, dann Weihnachten engelsgleiche Höhen erklomm und sich danach konstant auf dem semitoxischen Urlaubspegel hielt. Nein, trocken vom Regen. Den erträgt niemand so stoisch wie die Kiwis, die als Outdoor-Nation genetisch mit dem wasserresistenten C-Chromosom ausgestattet sind: C für Camping – komme, was da wolle.
Zelt, Isomatte und Gummistiefel gehören zur Grundausstattung eines Durchschnittskiwis. Gern auch ein Anhänger, auf dem der vollgummierte Zweithaushalt für die Familienwochen auf einen Campingplatz am Meer transportiert wird, wo man die Angel aus- und den Grill anwirft. Oft hockt man abends dicht an dicht im Klappsessel neben den Nachbarn von zu Hause, denn so viele Neuseeländer gibt’s nun mal nicht. Sinn und Zweck dieser Naturübung ist nicht Einsamkeit.
Das Leben zwischen Zeltplanen hat im Ferienmonat Januar so sehr Priorität, dass die Tageszeitung The Press ihm jeden Tag eine eigene Seite widmet. Der Trend geht zum „Glamping“ – kurz für Glamour und Camping. Weiße Leinwand-Paläste im Safari-Stil stechen alles aus. Doch sind sie kindertauglich? Wie lässt sich mit einfachen Zutaten ein Menü auf dem Gaskocher zaubern? Was tun gegen dieses Wetter? Expertenantwort: alles straffen, damit nichts davonbläst. Wahre Antwort: noch mehr trinken.
Seit Jahren hat es nicht so geschifft wie in den letzten Wochen. Stürme und Überschwemmungen, Evakuierungen, verschüttete Straßen – Katastrophenstimmung im Camping Country. Da beneidet man auch nicht die „Freedom Camper“: Backpacker, die nicht im Luxuswohnmobil mit Minibad unterwegs sind, sondern nur einen einfachen Kleinbus zum Schlafen haben. Da sie lieber umsonst in der Natur als auf dem Zeltplatz nächtigen, haben wir das sogenannte Van-Packer-Problem.
Der Glamping-Trend geht dieses Jahr in Richtung „Big Brother“: Erboste Platzwarte haben Sicherheitskameras installiert, um die Touristen abzufangen, die sich bei ihnen heimlich eine Dusche gönnen. Allein am Tahuna Beach Holiday Park gibt es 32 Kameras. Am Carters Beach an der Westküste wurde wegen eines Duschdiebs sogar die Polizei geholt; der Täter landete auf Facebook. Einige Motorcamps verteilen Armbänder zur Kontrolle, andere stellen tagsüber das heiße Wasser ab.
Schwerer wiegen jedoch Müll und Exkremente, die die Freedom Camper hinterlassen. Denn es gibt einen Grund, warum so gern zwischen Farnwedel und Pohutukawa gekackt wird: Für ein unbenutztes Chemieklo bekommt man von mancher Mietfirma die 200 Dollar Reinigungsgebühr erstattet. Zu Camping und Glamping ist deshalb noch das Clamping dazugekommen: Wer heimlich an inoffiziellen Plätzen übernachtet, wird nachts einfach geclampt – eine Reifensperre, die erst entfernt wird, wenn man seine Strafe bezahlt hat. Das große Outdoor-Abenteuer!
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