Die Wahrheit: Live aus Entenhausen
Neues aus Neuseeland: Weil Auslandskorrespondenten einen Ruf zu wahren haben, ist der Pool ein guter Ort für Live-Schalten in die winterliche Heimat.
U m sechs Uhr morgens wachte ich auf, Adrenalin in den Adern. Bademantel über- und Skype anwerfen. In Berlin hatte der Abend noch nicht begonnen, aber ich harrte auf die Standleitung nach Übersee, wo ich irgendwann als Live Act auf die 25-Jahre-Wahrheit-Feier der taz im Heimathafen Neukölln eingespielt werden sollte.
Als Übertragungsort war der Whirlpool im Garten gedacht. Voll Hollywood, auch wenn dahinter im Gemüsebeet der Mangold wuchert. Auslandskorrespondenten halten sich ja angeblich immer an Pools auf. Oder an der Bar. Also ein Drink dazu, aber statt Sekt oder Selters goss ich mir einen Kombucha ein. Was das für ein Teufelszeug ist, musste ich meinem charmanten Gegenüber, dem Moderator Bernd Gieseking, bei der Tonprobe erklären. Kulturaustausch über die Kontinente hinweg.
Als ich meinen letzten großen Auftritt vor der gleichen Festgemeinde beim 20-jährigen Jubiläum hatte, war ich gerade auf Ausflug in Queenstown: eine „hen’s party“, ein Junggesellinnen-Abschied. Die Braut wurde am Vortag im weißem Rüschenkleid aus dem Second-Hand-Shop zum Bungee-Sprung gezwungen. Als ich damals am Morgen vor unserem Motel per Laptop die wackelige Standleitung nach Berlin herstellte, streckten zehn verkaterte Hühner ihre Köpfe aus dem Nest.
Diesmal war ich allein. Aber ich hatte mein aufblasbares Gummischaf dabei, das mir schon treu bei öffentlichen Anlässen zur Seite gestanden hat. Von vorne sieht man auch nicht, dass es eigentlich ein Sex-Souvenir ist, mit handlichem love hole am Hintern. „Stella, the friendly sheep – easy to handle“ steht auf der Verpackung,
Keine Ahnung, was sich in Berlin abspielte, aber der Festakt dauerte auf der anderen Seite der Erde deutlich länger als gedacht. So lange probierte ich Sonnenhüte auf. Dann war ich plötzlich dran. Ich setzte mich in den warmen Pool, ließ die Blubbermaschine lieber aus und erzählte dem Publikum, dass ich bald auf ein Thanksgiving-Dinner von amerikanischen Freunden gehen würde.
Und dann passierte der Fauxpas. Ich sagte: „Wir müssen die guten Amis in den Zeiten von Trump erst recht unterstützen, die haben es jetzt so schwer“, oder so ähnlich. Auf jeden Fall sprach ich „Trump“ nicht wie „Trampel“ aus, sondern wie „Trumpf“, also deutsch. Absicht war das nicht. Das war ein freud-scher Fehler. Denn am Tag davor hatte ich noch einen Podcast von Olli Schulz und Jan Böhmermann gehört. Da sprachen sie von Donald Duck, und zwar bewusst mit „u“ wie „Ruck“. So wie man das als Kind tat, als man tief absorbiert in Entenhausen noch kein Englisch konnte.
Ich bin Zweisprachlerin. Trotz Akzent, den werde ich nicht mehr los. Aber ich finde, das mit Duck und Trump, das könnte man doch eigentlich fortsetzen: Fortan werden beide Donalds nur noch deutsch ausgesprochen. Und so versank ich nicht nur vor Scham fast im Pool, als dann doch noch die Leitung abstürzte und ein Erdbeben simuliert wurde. Die Kollegen machten zum Abschluss einen Haka. Es war grandios.
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