Die Wahrheit: Mach die Fliege, Mücke!
Erst gibt es diesen lausigen Sommer. Und dann kommen auch noch die kleinen Blutsauger! Alles über die tristen Extremisten der hochtönenden Art.
Der Regen meint es gut in diesem Jahr – mit schlimmen Folgen für uns, denn für die Mücke ist die Witterung die Erfüllung eines feuchten Traums. Überall bilden sich Lachen – das passende Wortspiel dazu sollte niemandem Mühe bereiten.
So erkennt man die Mücke: stark verlängerte dünne Beine wie bei Gisele Bundchen. Peitschenförmige Maxillartaster und schnauzenförmig verjüngter Kopf wie bei Elton. Allerdings sind die Mundteile verkümmert und nur zum Auftupfen von Flüssigkeiten geeignet wie bei Martin Semmelrogge.
Mückenbüßer Mensch
Die Mücke wird hierzulande in Grau oder Braun geliefert, den optimalen Tarnfarben für den tristen Alltag. Geliefert sind auch ihre Opfer. Die Mücke hat stets ein Pik-Ass im Ärmel. Sie schwärmt, selbst wenn keiner davon schwärmt. Naht der Sommer, muckt sie auf. Pünktlich, nach der Stechuhr. Der Mensch – ein Mückenbüßer.
Nur die Weibchen leben vom Blut der Wirbeltiere und des Menschen, und leider müssen wir das jetzt kommentarlos so stehen lassen. Die Larven bewohnen stehende und liegende Gewässer. In großen Mengen hängen sie oft an der Wasseroberfläche und holen mithilfe eines Atemrohres Luft. Irgendwann entlarven sie sich selbst und entpuppen sich als Vampire. Die Schnakenschwärme über dem Biotop nennt der Fachmann Quälbewölkung.
Es ist leicht, aus der Mücke einen Elefanten zu machen, schließlich verfügen beide über einen Rüssel. Allerdings macht der Elefant keinen Stich, was das Fliegen angeht. Allerdings vermag die Mücke, einmal an die Wand geklatscht, recht interessante Muster zu hinterlassen, die sogenannte Mückentapete. Das Klatschen gestaltet sich indes schwierig, denn die Mücke kann stundenlang im Zimmer lauern, bis das Opfer seinen Schlafgeruch verströmt. Sie fragt nicht nach einer Landeerlaubnis. Extremisten dieser Gattung schalten ihren Hochtöner ein, wenn sie das Ohr eines potenziellen Wirtes passieren.
Betrunkene Flugverkehrsteilnehmer
Die Mücke kann Visagen ziehen, neben denen Mickey Rourke in seinen furchtbarsten Momenten geradezu anheimelnd aussieht. Ihre Charakterstärke ist allerdings mickrig. Vom Alkohol aufgestachelte Mücken, die sich bei Betrunkenen vollgesogen haben, beeinträchtigen den Flugverkehr. Bei extrem heißer Witterung können Mücken in der Luft vertrocknen und als feiner Staub zu Boden bröseln. Die Stechrüssel fallen natürlich einzeln zu Boden – senkrecht.
Kurz: Mücken haben Macken. Es sind mickrige blutsaugerische Elemente, wie man sie sonst nur unter Investmentbankern erlebt. 2.500 verschiedene Arten von Stechmücken, Schnaken oder Gelsen gibt es, die keiner Stecherei aus dem Weg gehen. Warum stehen deutsche Truppen am Hindukusch, während sich in der Heimat eine neue Front auftut? Wo bleiben Drohneneinsätze über Brutgebieten? Wann kommt das Einreiseverbot für die Tigermücke? Wann setzt es Nachtflugverbote?
Uns bleibt nur, schleunigst alle Regentonnen abzudecken. Hüllen wir uns in Tüll und stechen zurück.
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