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Die WahrheitSchwarze Löcher

Kolumne
von Gerlis Zillgens

Die gefräßigen Gravitationsfelder im Universum haben ein Imageproblem. Dabei können sie äußerst nützlich sein.

S tephen Hawking ist ein kluger Mann. Schon oft hat er mir die kompliziertesten Dinge des Kosmos auf sehr einfache Weise erklärt. Nun hat er es wieder geschafft, mir unbedarftem Wesen mit Durchschnitts-IQ die Welt begreiflich zu machen. Es geht um Schwarze Löcher im All, diese unvorstellbar gefräßigen dunklen Schlünde, die sich alles einverleiben, was in ihre Nähe kommt. Kometen, Planeten, Sterne – alles Leckerbissen für so ein Schwarzes Loch. Da kommen schon mächtig Urängste hoch. Kommen wir nicht alle irgendwie aus einem Schwarzen Loch und werden irgendwann wieder in einem verschwinden?

Der kluge Stephen aber weiß einen Ausweg. Bei einem Vortrag an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm hat er gesagt: „Wenn Sie das Gefühl haben, in ein Schwarzes Loch gefallen zu sein, geben Sie nicht auf. Es gibt einen Ausweg.“

Das ist fein. Gerade gestern bin ich so durch den Park gelaufen und direkt neben meiner Joggingstrecke tauchte plötzlich völlig unerwartet dieses Schwarze Loch auf. Um ein Haar wäre ich hineingefallen. Da wäre es noch eine Katastrophe gewesen. Nun bin ich gewappnet. Stephen sagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste ist die etwas kompliziertere der beiden, finde ich. Man soll sich am Rande des Schwarzen Lochs in ein zweidimensionales Hologramm verwandeln.

Okay, in ein zweidimensionales Hologramm verwandeln, geschenkt, eine meiner leichtesten Übungen. Aber wenn ich schon reingefallen bin, bin ich ja nicht mehr am Rande des Schwarzen Lochs. Darüber muss ich noch ein bisschen nachdenken.

Die zweite Alternative, die Haw­king bietet, lautet: Man rutscht einfach durch das Schwarze Loch hindurch. Er betont, dass das natürlich nur geht, wenn das Loch groß genug ist und rotiert. Na ja, das hätte er nun nicht extra erwähnen müssen, das ist selbst mir mit dem bisschen Verstand schon klar. Jedenfalls kann man in dem Fall durchrutschen, ohne sich zuvor in ein zweidimensionales Hologramm verwandelt zu haben. Das scheint mir ein bisschen einfacher, zumindest für die, die noch nicht so viel Übung mit der Verwandlung in zweidimensionale Hologramme haben.

Was vielleicht ein bisschen ungünstig bei dieser Methode ist, dass man laut Hawkings in einer anderen Dimension ankommt. Und nicht mehr zurück kann. Selbst dann nicht, wenn das Loch noch größer wird und sich noch mehr dreht. Aber vielleicht liegt im Schwarzen Loch genau dadurch die Lösung für ein Problem, mit dem ich mich schon so lange herumschlage. Immer wenn ich auf Demos bin und die Nazis-raus-Rufe losgehen, denke ich: Raus ist gut. Nur, wohin raus? Wo sollen wir das Pack denn hinschicken? Wem können wir die zumuten?

Aber nun – Hawking sei Dank – wissen wir es endlich. Einfach schnell ins nächste Schwarze Loch schubsen, beten, dass sie zu überrascht oder zu unbedarft sind, um sich schnell in zweidimensionale Hologramme zu verwandeln und ihnen beim Durchrutschen freundlich nachwinken. Ihr seid das Pack und nun seid ihr weg! Tschö!

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3 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Ach Hawking! Mit schwarzen Löchern kennen sich die Finanzminister viel besser aus.

  • Man kann schwarze Löcher (hier richtiger: Dimensionslöcher) am Geruch erkennen!

    Sie richen (s. Moers: Kpt. Blaubär: 13,5 Leben) nach Genf.

    Das Problem das sich ergeben könnte, wäre die Frage: Wo kommen die wieder raus? Denn es ist durchaus möglich, dass die dann genau in unsere nächste Geburtstagsparty platzen und das wäre ja nun auch unangenehm….

    • @Jürgen Böcker:

      Da haben Sie vermutlich recht. Das gäbe nämlich eine riesige Sauerei, wenn die Nazis so zermatscht, wie sie nach der Passage eines schwarzen Lochs sein müssen, auf einer Geburtstagsparty aufschlagen. Wer soll sie denn dann wegmachen? Das Geburtstagskind vielleicht? Oder ein Gast? Na also!