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Die WahrheitDie Piraten von Penzance

Wo der Jolly Roger weht: Wer den Mumm besitzt ein Boot zu kapern, ist vor Pest und Skorbut auf hoher See nicht gefeit.

Lichtet den Anker und Leinen los! Unser Herz ist schwarz und die Gier so groß!“, so sangen wir aus voller Kehle. Wir – das waren der grausame Captain Max, der Schrecken aller bekannten und unbekannten Ozeane, und ich, der erste Steuermann am Ruder des rassigen Motorboots „Ruffel’s Revenge“.

Penzance ist ein altes Piratennest am südwestlichsten Zipfel Englands, das von der Piraterie noch heute gut lebt. Gegen nur hundert Goldstücke schaute der ursprüngliche Besitzer von „Ruffel’s Revenge“ mal kurz weg, so dass wir das Schiff ohne Probleme aufbringen konnten. Eine lohnende Prise machen, das war unser Plan, und so steuerten wir auf das offene Meer hinaus und fürchteten weder Tod noch Teufel.

Unser Jolly Roger, ein umfunktioniertes Halstuch, flatterte angsteinflößend im Wind, und auch wenn Captain Max nicht dazu hatte überredet werden können, sich brennende Lunten in den Bart zu flechten wie weiland sein Kollege Blackbeard, gaben wir sicher ein furchterregendes Bild ab.

Und wie wir da so über die Wellen hinwegflogen, kam mir der heimatliche Hafen doch plötzlich recht weit weg vor und ich teilte meine Bedenken dem Captain mit: „Was, wenn uns plötzlich auf hoher See das Benzin ausgeht und wir immer weiter auf den Ozean hinausgezogen werden? Wäre es nicht schrecklich peinlich, wenn zwei so unerschrockene Teufelskerle wie wir aus Seenot gerettet werden müssten?“

Der Captain erklärte sich einverstanden, etwas näher an der Küste zu kapern. Also schipperten wir wieder in Richtung Penzance, und plötzlich machte der Motor „Schriiiiieeeeek!!!“, und „Ruffel’s Revenge“ bewegte sich keinen Zentimeter mehr. Nicht vorwärts, nicht rückwärts, und je mehr ich versuchte, das Schiff vom Fleck zu steuern, desto lauter kreischte der Motor. Ich schaltete ihn aus.

Der Captain vermutete, dass sich die Schiffsschraube im Seetang verfangen hätte, ich war mir sicher, dass ein Riesenkrake uns von unten festhielt, das Ergebnis war jedoch das Gleiche: Wir saßen fest. Augenblicklich begann das Wasser in unseren Kesseln zu faulen, der Captain bekam die Pest und ich Skorbut. Mein Durst wurde von einer Sekunde auf die andere so unerträglich, dass ich wahnsinnig wurde und beinahe Meerwasser getrunken hätte, wenn der Captain nicht eine jungfräuliche Zweiliterflasche Mineralwasser an Bord geschmuggelt hätte.

Nach unendlichen zwanzig Minuten traf Captain Max eine Entscheidung: „Ich rufe da jetzt an!“, sprach er und wählte auf seinem Handy die Notnummer, die gut sichtbar auf dem Steuerrad angebracht war. Nach weiteren zehn Minuten kam ein Rettungsboot, dessen jugendlicher Skipper uns erklärte, wir hätten uns nur in der Ebbe festgefahren, aber seit fünfzehn Minuten wieder genug Wasser der rückkehrenden Flut unterm Kiel, um allein weiterfahren zu können.

Unter dem schallenden Hohngelächter der Penzancer Seemänner kehrten wir in den Hafen zurück! Na und? Es war ja unsere erste Kaperfahrt! Quasi nur ein Testlauf. Fürchtet uns, wenn wir ernst machen …

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