Die Wahrheit: Weiche Währung
Griechenland gerettet! Das neue Geld ist da: der Flokati. Während die Regierungschefs der G-8-Länder tagten, geschah es: Über Nacht hatten die Griechen eine neue Währung!
Noch während die Regierungschefs der G-8-Länder in Camp David tagten und in Athen eine Übergangsregierung Stallwache hielt, geschah es: Über Nacht hatten die Griechen plötzlich eine neue Währung! Doch nicht etwa die alte Drachme, sondern eine, die noch viel, viel älter ist: den Flokati.
Es war die Idee des kretischen Gemüsehändlers Korkos Laminatsis, der damit der Athener Finanzverwaltung so lange auf die Nerven gefallen war, bis sie die Genialität der Idee schließlich erkannte, nämlich nicht erst mit dem kostspieligen Neudruck von unnützem Papiergeld den letzten Rest des Staatshaushaltes zu verjubeln, sondern aufs Bodenständigste zu setzen, was Hellas vorzuweisen hat.
Nun steht sogar der Versöhnung mit den aufdringlichen Deutschen nichts mehr im Weg, denn ähnlich wie bei deren Währungsreform im Jahr 1948 darf nun jeder Grieche mit dem umgerechneten Startkapital von 40 Euro in eine neue Zukunft gehen – was genau der attischen Flokati-Normgröße von zwei mal zwei Metern entspricht. Mit diesen vier Quadratmetern Grundlage, die jeder Grieche noch irgendwo in seiner Jurte herumliegen hat, kann der Währungsschnitt weich bis auf die allerletzte Insel abgepuffert werden.
Seit Montag gehen nun die Griechen mit einer prall gefüllten Geldbörse zum Markt und können sich jeden gewünschten Geldbetrag zurechtschneiden. Ein Quadratmeter Flokati entspricht umgerechnet zehn Euro, und hundert Cent haben den Wert einer Lappengröße von zehn mal zehn Zentimeter.
Auch das Transportgewerbe wird mit der neuen Währung wieder in Bewegung kommen, denn größere Anschaffungen lassen sich ohne logistische Begleitung kaum bar bezahlen. Dafür läuft es beim kleinen Griechen auf der Straße um so besser. Wie die Helden der Antike sind jetzt viele in ihre Währung gewandet, die sie lässig über die Schulter hängen haben.
Beim Bezahlen wird eine Schicht nach der anderen auf den Tresen gehievt, bis die Fusseln flirren. Künftig hergestellte Geldflokatis werden allerdings staubfrei sein und gardinengleich mit einer Goldkante versehen. Nur die Geldautomaten machen bisher Probleme und müssen komplett umgerüstet werden, um die Zuschnittgröße der Flokatis den schier unersättlich großen Portemonnaies der Griechen anzupassen.
Die Einführung des Flokatis ist auch ein Segen für den griechischen Tourismus, werden doch die unzähligen während der siebziger Jahre vor allem von deutschen Touristen verschleppten Schafshaarteppiche wieder ins Mutterland des Flokatis gelockt. Man muss nur zu Hause den Flokati im leer stehenden Kinderzimmer einrollen – und schon ist der Sommerurlaub auf Rhodos oder Kreta bezahlt. Mit genügend Flocken im Gepäck lässt sich sogar ein ganzer Inselkauf finanzieren.
Umgekehrt wird es den griechischen Reedern und Milliardären demnächst unmöglich sein, weiter hemmungslos und im Verborgenen den Staat zu plündern und die Reichtümer ins Ausland zu verfrachten. Denn jeder Frachterkonvoi mit hunderttausenden Teppichen an Bord dürfte sogar für die Hafenpolizei von Piräus leichte Beute sein.
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