piwik no script img

Die WahrheitBewerber des Grauens

Für die Berliner S-Bahn gibt es neue Kaufinteressenten.

Nach dem Atomkraftwerk von Fukushima und der griechischen Staatsbank steht bald ein noch riskanteres Objekt zum Verkauf, denn ab 2017 soll die marode Berliner S-Bahn für den privaten Wettbewerb geöffnet werden. „So waghalsig kann doch kein Investor sein“, möchte man im ersten Moment meinen, und doch: Ein paar geeignete Firmen haben bereits ihr Interesse angemeldet.

„Dass wir für den Betrieb der Berliner S-Bahn bestens geeignet sind, wissen sogar unsere Gegner“, sagt Hans Trawolter, der Sprecher von Scientology Berlin. „Dazu brauche ich nur wörtlich aus den Hauptvorwürfen gegen uns zu zitieren: ,Betrug, Wucher und Ruinierung von Kunden; Ausbeutung der Mitarbeiter; Zerstörung persönlicher und familiärer Bindungen und letztlich der Persönlichkeit selbst; Verletzung der Grund- und Menschenrechte ihrer Anhänger und ihrer Kritiker; Unterwanderung des Staates und der Wirtschaft.‘ (Quelle: Ingo Heinemann) Jeder, der einmal versucht hat, hier mit der S-Bahn zu fahren, muss zugeben, dass wir für eine Weiterführung des Unternehmens nach gegenwärtigen Kriterien geradezu prädestiniert sind!“ Allein das stundenlange Warten ginge gut als „Reinigungs-Rundown“ durch: 1.000 Euro pro Minute – wer das nicht bezahlen kann, darf auch sein Häuschen verpfänden, Scientology hilft später gern dabei, einen Käufer zu finden.

Ebenfalls stark interessiert zeigt sich die Camorra. Giancarlo Altobelli, der Pate der Sektion Moabit-Charlottenburg/Nord: „Die S-Bahn ist doch eine Lizenz zum Gelddrucken. Wir machen das wie mit dem Sondermüll in Italien: Erst kassieren wir vom Land Berlin, dann werden die Fahrgäste einfach in den nächsten Wald gefahren und dort ausgekippt. Das merken die doch gar nicht. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, pünktlich zu kommen – da werden die Leute natürlich misstrauisch.“

Auch im Hauptquartier der Berliner „Bandidos“ in der Reinickendorfer Staffordzeile gibt man sich vorsichtig optimistisch. Man sei bereits, so Chapter-Präsident Hanno Schulze, mit einem umfassenden Konzept „zwölf Mann hoch“ beim Verkehrssenator vorstellig geworden und sich „nach einer sehr guten Unterhaltung“ relativ sicher, den Zuschlag zu erhalten. Das Unternehmen passe schon allein vom Ruf hervorragend in die eigenen Strukturen: „Also wir haben da bis jetzt: Prostitution, Schutzgelderpressung, Frauen-, Drogen- und Waffenhandel. Da fehlt doch nur noch die Berliner S-Bahn im Portfolio!“

Dass das Versprechen, mit dem Schwarzfahrerproblem aufzuräumen, kein leeres ist, musste zuletzt der Chef der „Hells Angels“ erfahren, der mit lebensgefährlichen Schussverletzungen im Koma liegt. „Mit dem Moped wär das nicht passiert“, schmunzelt Schulze über diesen Treppenwitz gescheiterter Nahverkehrsbewältigung. „Versucht der Idiot doch glatt am helllichten Tag hinten in den Bus einzusteigen.“ Dass die Höllenengel gern selbst den Daumen auf die Höllenbahn gelegt hätten, ist freilich unter Rockern kein Geheimnis.

So weit die seriöseren unter den Kandidaten. Allerdings könnte ein in die Enge getriebener Berliner Senat bei der Auswahl der Bewerber möglicherweise noch die letzten Skrupel über Bord werfen und das Kaninchen des Grauens aus dem zerschlissenen Hut zaubern. Darauf deutet bereits die Drohung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit hin, selbstverständlich sei auch die Deutsche Bahn ein potenter Bewerber.

Die Bahn? Auf den ersten Blick unglaublich! Doch vielleicht ist ja sogar etwas dran an dem Gemunkel, die Deutsche Bahn sei schon heute heimlich in den Betrieb der Berliner S-Bahn involviert. Hoffentlich sind das nur Gerüchte.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • W
    wauz

    Satire darf...

     

     

    alles. Aber Satire auf Krampf ist Krampf. Und nicht lustig. Und genau das muss Satire aber sein.

    Sein lassen.

  • J
    Jenny

    Dazu höre ich immer wieder http://diewallerts.de/sbahn oder diewallerts.de/flughafen

     

    Das hilft ein bisschen ;)