Die Wahrheit: Cashflow vom Feinsten
Anruf eines Finanzberaters von unterwegs.
Ein ganz normaler Tag in der Wahrheit-Redaktion. Die Agenturticker sind leer. Keine müde Nachricht kommt herein, nicht einmal eine Bären- oder Elchmeldung. Da klingelt plötzlich das Telefon.
Hallo, guten Tag.
Guten Tag, Gebhardt. Von Gebhardt, King und Sandberg. Unser Business ist Ihr Gewinn.
Unser Business ist was?
Unser Business ist Ihr Gewinn.
Ah, ja …
Hören Sie, Herr … äh, Dinkel: Ich hätte da ein Riesending für Sie. Einen Hammervorschlag.
Einen Vorschlag?
Exakt. Jetzt haben Sie’s! Denn in unserem Invest-Portfolio steht ein Top-Cashflow für Sie bereit.
Top-Flashcow?
Hahaha, der war gut. Sie bekommen Cashflow vom Feinsten. Acht Prozent. Bares. Mücken.
Mücken?
Exakt. Wir verstehen uns, Herr … äh, Ginster. Ich könnte Ihnen die Scheine quasi gleich und sofort jetzt vorbeibringen.
Sie wollen mir Geldscheine vorbeibringen?
Exakt. Sie müssen nur … verdammter Polacke! Fahr gefälligst rechts rüber, du Vollpfosten!
Wie? Polacke?
Nicht Sie, Herr … äh, Maibach. Aber der Scheißlastwagenfahrer zieht einfach rüber nach links. War gar kein Polacke. Ein Lette.
Sie sind gerade unterwegs?
Exakt. Immer auf Achse. Für unsere Kunden. Unser Business ist Ihr Gewinn.
Herr Gebhardt, telefonieren Sie da etwa mit dem Handy aus Ihrem Auto?
Exakt. Ich bin hier mitten auf der Bahn. Irgendwo zwischen Magdeburg und Hannover.
Und da machen Sie also Geschäfte auf der Autobahn?
Immer im Einsatz. 354 Pferdchen unter der Haube. Q5 Turbo. Ich hab hier gerade 180 Sachen drauf. Könnten Sie auch haben.
Ich habe nicht einmal einen Führerschein.
Sie haben was nicht?
Einen Führerschein.
Können Sie auch kriegen. Ich hab da Connections beim Idiotentest. Bin selber dreimal dagewesen. Hat mich ’ne Stange Geld gekostet der Lappen. Und für nur zehn Mille bieten wir Ihnen dann eine Highend-Performance-Charge mit zehn Prozent.
Eine Highend was?
Exakt, Herr … äh, Spirkel. Wir verstehen uns. Auch ich bin ein Mann aus dem Volk. Hab mich hochgeboxt. Von ganz unten. Und heute: Gebhardt, King und Sandberg. Unser Business ist Ihr Gewinn. Reden wir Klartext. Zwölf Prozent. Der Hammer. Ja, da staunen Sie.
Da staune ich tatsächlich …
Sagen Sie jetzt nichts. Bei hundert Mille sind es sogar fünfzehn.
Ich und hundert Mille?
Haben sie gerade nicht cash? Kein Problem. Einfach aufnehmen! Hat mir heute Morgen noch mein Cousin Kay gesteckt. Ist Investmentbanker. In London. In der City. Ein ganz cooler Hund. Immer im edlen Zwirn. Jetzt aufnehmen! Bei einer ganz großen Bank. Sie sind doch bei der Deutschen Bank, Herr …
Ich? Bei der Deutschen Bank?
Tja, da staunen Sie, dass ich so was weiß, aber Informationen sind mein Geschäft. Und unser Business ist Ihr Gewinn.
Herr …, äh, Gebhardt. Ich habe aber überhaupt gar kein Konto bei der Deutschen Bank.
Nicht? Macht nix! Ich besorg Ihnen eins. Mit Vorzugskonditionen. Goldene Karte und so. Können Sie Ihrer Uschi mal richtig was bieten, hahaha.
Meiner Uschi?
Exakt. Handtasche, Schühchen, Kleidchen hier, Kleidchen da. Das ganze Geschnacksel. Bei uns kriegen Sie zwanzig Prozent Highheel-Cashflow-Hardcore.
Zwanzig Prozent?
Exakt. Überlegen Sie sich’s. Ich muss jetzt erst mal nach Hannover zu dem Zahnärztekongress. Da geht’s ab. Mille, Mille, Mille. Bis die Kohle kocht. Hannover eben. Maschi-City. Ich melde mich dann wieder. Und wir machen ein Business-Date. Schönen Tag noch, Herr … äh, Gebhardt.
Aber, Herr Gebhardt, das sind doch Sie selbst, Herr Gebhardt!
Exakt. Guido Gebhardt. Von Gebhardt, King und Sandberg. Unser Business ist Ihr Gewinn.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört