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Die WahrheitAuf Geisels Schneide

Deutsche Rentner werden von kolumbianischen Guerilleros entführt und rächen sich, indem sie ihren Kidnappern monatelang auf die Nerven gehen.

Aus Furcht verhüllen die Guerilleros der ELN ihre Gesichter, mit deutschen Rentnern ist nicht zu spaßen. Bild: dpa

Nach 125 Tagen in der Gewalt der kolumbianischen „Nationalen Befreiungsarmee“ (ELN) sind die aus Südhessen beziehungsweise Nordbayern stammenden Rentner Uwe und Günther Otto B. endlich wieder in Freiheit. Die Entführer atmen auf.

„Sie meckerten über alles und jeden“, verdreht der sichtlich „mitgenommene und abgemagerte“ (Tagesspiegel) Guerilla-Führer Rodolfo Carlos Estebán Bocadillo y Hasta la Vista entnervt die Augen, „das Essen, das Wetter, die Unterkunft. Wir hatten am Ende schon vor dem morgendlichen Erwachen Angst. Die beiden sind Frühaufsteher und zogen bereits um sechs mit ihren beigefarbenen Pepitahütchen ihre erste Meckerrunde um die Zelte. Einige meiner Männer haben es nicht mehr ausgehalten und sind einfach im Dschungel verschwunden.“ Er schluckt. „Gott sei ihren Seelen gnädig.“

Doch nach langen und zähen Verhandlungen, in die sogar der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos eingeschaltet war, hat das Martyrium der Guerilleros nun ein Ende. Selbst Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigt sich über die Entwicklung „sehr erleichtert“, obwohl er nicht im Ansatz wissen kann, welche Dramen sich über vier Monate hinweg in der unwegsamen Region im Nordosten des südamerikanischen Landes abgespielt haben: Da wurde genölt und reklamiert, dass den hartgesottenen Kämpfern die Ohren klingelten. Der fatale Irrtum der Entführer, die Rentner „für Spione gehalten“ zu haben, drohte ihnen schwer auf die Füße zu fallen – eine gütliche Einigung über die Rückkehr der Deutschen stand bis zuletzt auf Messers Schneide.

„Die Freilassung hat sich zuletzt zur Nervenprobe entwickelt“, schreibt auch die Berliner Morgenpost. Eine Nervenprobe, welche die ELN bis kurz vor Ultimo zu verlieren schien. Denn die Meckerrentner beharrten auf ihrem Standpunkt, für fünf Monate gebucht zu haben. „Und zwar keine Sekunde kürzer“, so Günther Otto, der ältere der beiden Brüder. „Wenn die Schlawiner ihre Kunden behumsen wollen, sind sie bei uns aber an die falsche Adresse geraten.“

Auch weigerten sich die beiden zunächst, in den Helikopter zu steigen, der sie aus dem Dschungel in die nächstgrößere Stadt bringen sollte: „Im Prospekt war für die Transfers vom und zum Flughafen ausdrücklich ein moderner Bus mit Klimaanlage versprochen.“ Etwas ungenauer liest sich hier die Morgenpost: „Die Übergabe verzögerte sich nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes aus logistischen Gründen.“ Erst mit einem Reisegutschein, ausgestellt von der Deutschen Botschaft in Bogotá, ließen sich die Rentner zur Aufgabe der Geiselhaft bewegen.

Die lange Zeit der Gefangenschaft vertrieben sich die beiden vor allem mit dem Schreiben von enttäuschten Ansichtspostkarten sowie flammenden Leserbriefen an die Morgenpost. Hier ein kurzer Auszug: „… mit dem deutschen Rentner kann man es ja machen … die Melkkuh der Nation … unter Entbehrungen das Land aufgebaut … wohin soll das noch führen … Duschkopf kaputt … der ’Musikantenstadl‘ nur verschwommen … von der Weltsprache Deutsch scheint das Personal noch nichts gehört zu haben … Bier lauwarm … da muss man noch sehr viel lernen … wenig Hoffnung … die sogenannten ’Ausflüge‘: ein einziger Witz … immer Steuern bezahlt, und das nicht zu knapp … das nächste Mal in den Harz … da weiß man, was man hat … keine Kartoffeln … ungehobelte junge Menschen … Mietwagen einfach weggenommen … jede freundliche Beschwerde stößt auf taube Ohren … mein lieber Herr Gesangsverein!“

Der etwas enttäuschende Verlauf dieser Reise kann „die beiden abenteuerlustigen Brüder, die schon die halbe Welt bereist haben“ (Tagesspiegel) jedoch nicht vor weiteren Plänen abschrecken. Der Jemen ruft, ein Land, in dem das Entführen von Touristen seit jeher große Tradition besitzt.

„Die werden ja wohl wissen, wie man mit Urlaubern umgeht“, ist sich Uwe B. sicher, während neben ihm Günther Otto sein erstes (kaltes!) Bier in Freiheit trinkt.

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10 Kommentare

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  • J
    JGonz

    Köstlich!

     

    Wieviel mussten die armen Entführer zahlen, um diese Nervensägen wieder loszuwerden?

     

    Oder - da tut sich doch ein ganz neues Geschäftsfeld auf! Wir exportieren unsere in die Jahre gekommenen Telefondesinfizierer, Manager und Juristen in die 3te Welt, sparen uns damit Unmengen an Rentenzahlungen und Nervenbelastungen, und sichern damit Arbeitsplätze, da, wo sie gebraucht werden!

     

    Aus D finanzierte "Rentnamaros" wären so viel billiger! Keine sündteuren Hüftgelenksoperationen mehr, keine mehrere Hundert Euros teuren Medikamente mehr pro Tag, gibt's halt nicht im Dschungel. Dafür Spaß, Spannung und Unterhaltung für die Nervensägen, und ein auskömmliches Einkommen für die bedauernswerten Entführer.

     

    Win-Win. Muss ich gleich dem Merkel vorschlagen.

     

    Viel Spaß!

  • WS
    Winston Smith

    Preisfrage: wie lustig hätte man den Fall bei der TAZ gefunden, wenn die Täter einer rechtsgerichteten Terrororganisation angehört hätten?

  • M
    Michael

    Super - das Beste am guten Morgen.

    Es fehlte eigentlich nur das zu bekämpfende kolumbianische Strukturprojekt.

  • G
    Georg

    Danke für den Beitrag, wer dort hinfährt, dem gehört es nicht anders.

     

    Der, wenn auch minimale Beitrag zur Sanierung der Rentenkassen hat sich, wie es scheint, nicht eingestellt. Ein Wermuthstropfen bleibt eben immer.

  • E
    ezln

    Und wie viel Steuergeld hat das gekostet damit die Meckerziegen wieder nach Hause konnten ? Das Auswärtige Amt warnt seine Bürger davor in welche Länder sie nicht reisen sollten. Manche scheinen das zu ignorieren. Mal sehen, ob wir demnächst wieder etwas von den beiden lesen werden.

  • D
    dillinger

    Wieder mal ein "alles Deutsche ist scheisse"-Artikel. Wobei sich die Taz natürlich damit selbst als scheiße bezeichnet, denn die Taz ist ja nun mal auch eine deutsche Zeitung. Urdeutsch sogar in ihrem (Selbst)Hass.

     

    Typisch deutsch-spiessig wäre es übrigens, diesen Kommentar nicht zu veröffentlichen. Aber da die Taz ja nun mal eine teutonische Zeitung ist, wird - außer dem Zensor - wohl niemand diese Zeilen zu Gesicht bekommen.

  • M
    Mannehann

    Wenn man Journalistendarstellern der vierten Güte wie Uli Hannemann schlimmes wünscht, bezahlt die taz das auch wenn ich es ein bisschen in faschisten-freundliche Mörderverharmlosung einarbeite?

  • S
    Sikasuu

    Da können die kolumbianischen Guerilleros endlich aufatmen.

    .

    Jetzt sind die Liegestühle am Wasser und die Sitzplätze in der Cantina nicht schon von Morgens an mit Handtüchern und Pulovern reserviert!

    .

    Mitfühlende Gruesse

    nach Bolivien

    Sikasuu

  • H
    horst

    Da lacht der Linke.

  • B
    boateng

    Also bei der Taz gibt es ja, wennn man mal von linken Kommentaren absieht, wenig zu lachen.

    Aber dat war jut.