Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
Je näher die völlige Gleichstellung homosexueller Paare kommt (und sie kommt!), umso dreister werden die Gegner.
kann sich auf was gefasst machen. Je näher die völlige Gleichstellung homosexueller Paare kommt (und sie kommt!), umso dreister werden die Gegner, Gegner aus Politik und Religion. Die Folgen der feindlichen Mobilmachung lassen sich derzeit in Frankreich beobachten: Je mehr Menschen gegen die Homo-Ehe demonstrieren, umso mehr Schwule kriegen eins aufs Maul. Panikmache? Die Nachrichten mit den Bildern der Opfer aus Paris und anderswo erzählen sehr deutlich, wo es langgehen kann.
In Deutschland geht es ruhiger zu, keine Massendemonstrationen und kein bemerkenswerter Anstieg homophober Gewalt. Dafür werden Gegner wie Norbert Geis oder Katherina Reiche immer frecher, und ein paar katholische Hardliner haben jede Contenance verloren. Hier stehen ganz oben an Publizisten wie Martin Lohmann, Gabriele Kuby oder Birgit Kelle, die in ihren Schriften und in Talkshows die böse Rede pflegen.
Homosexualität sei „ein Irrtum“, sagt Lohmann. „Das Ausleben der Homosexualität ist Sünde“, urteilt Kuby. „Zu einem christlichen Menschenbild gehören Mann und Frau“, weiß Kelle. Das sieht nicht gut aus für Lesben und Schwule, selbst wenn alle drei immer wieder gern betonen – das gehört zur Verschleierung der ruchlosen Absichten –, dass sie natürlich auch Homosexuelle unter ihren Freunden haben.
Und einer von ihnen wird gleich vorgeführt beim katholischen Nachrichtendienst „kath.net“, einem wichtigen Medium für Lohmann und Konsorten. In einem Interview kommt Holger Doetsch zu Wort, CDU-Mitglied und gläubiger Homosexueller, und gern bereit, als Kollaborateur in die Bütt zu steigen.
Wohlfeile Statements
Instrumentalisiert als Kronzeuge, quasi die authentische Bestätigung der homoabwertenden Haltung, legt sich Doetsch in dem Interview ordentlich ins Zeug. Bei Homosexuellen kreise ständig alles um die eigene Sexualität, weiß er, und doch seien nicht alle hedonistisch und schrill, „ihr Ego kommt nicht auf bunten Partys zum Vorschein“, ganz im Gegenteil, „viele leben fast wie Heterosexuelle“: „Sie tragen beim Kochen auch keine Rüschenschürze … und sind sich und ihrem Partner treu.“
Na, das sind doch mal ein paar wohlfeile Statements, gern gehört auf katholischer Seite. Die bösen Schwulen ins Kröpfchen, die guten ins Töpfchen – eine wohlbekannte Taktik von Homosexuellen, sich Achtung und Respekt zu erkaufen. Holger Doetsch kann seine Kritik am schwulen Lebensstil zwar äußern, aber hier hat er sich definitiv den falschen Ort dafür ausgesucht.
Damit die „kath.net“-Leser doch nicht zu viel Sympathie für Doetsch – ein „bekennender“, ein praktizierender Homosexueller – empfinden, wird im Anschluss an das Interview noch einmal die gültige Anti-Homo-Doktrin der katholischen Kirche in Erinnerung gerufen: „Homosexuelle Handlungen sind in keinem Fall zu billigen“, heißt es da, und: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen.“ Tja, Herr Doetsch, alle Anbiederei umsonst, da sind Sie so schön zu Kreuze gekrochen und bekommen doch nur einen Tritt in den Hintern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!