Die Wahrheit: Aussitzer und Umfaller
Neue Partei gegründet: Das „Team Strohsack“ verspricht konsequentes Nichtstun. Exklusivinterview mit Initator Horst.
Im Schatten der gegenwärtig laufenden Koalitionsverhandlungen ist es auf der politischen Bühne im badischen Bad Säckingen zur Neugründung einer Partei gekommen, die das Prinzip der ruhigen Hand sogar in ihr Logo mit aufgenommen hat. Politikforscher geben ihr durch die Bank langfristig sogar größere Überlebenschancen als den Piraten und der AfD. Die neue Partei nennt sich „Team Strohsack“ – und eine Delegation der Wahrheit durfte exklusiv noch während des Parteitags mit dem Gründer der Initiative, Horst Strohsack, sprechen …
taz: Herr Strohsack, wie kam es zu Ihrem Vorhaben, eine weitere Partei zu gründen – haben wir denn nicht bereits genug davon in Deutschland?
Horst Strohsack: Aber nein! Den Anstoß für unsere Initiative haben uns natürlich die österreichischen Kollegen vom Team Stronach gegeben, die ja auf Anhieb den Einzug in den Nationalrat geschafft haben.
Teilen Sie etwa auch deren politische Ideen?
Nein, keinesfalls. Dazwischen liegen Welten. (Strohsack macht ausholende Armbewegungen.) Wir sind ja alles keine Milliardäre. Bei uns ist nichts und niemand gekauft. Unsere Maxime ist vor allem diese eine: umfassende Beständigkeit in allem, was wir tun beziehungsweise nicht tun. Vor allem Letzteres ist unsere große Stärke.
Wie würden Sie, einmal in Regierungsverantwortung gewählt, agieren?
Wie gesagt: zunächst einmal gar nicht. Denn was die Politik, national wie auf europäischer Ebene, so stört, sind doch diese albernen Gesetze, die keiner will und versteht. Und wenn mal ein gutes darunter ist, wird es doch gar nicht umgesetzt. (Bei diesen Worten schüttelt er heftig den Kopf.) Denken Sie nur an die versprochene Bankenregulierung.
Was würden Sie da machen?
Alle führenden Säcke unserer Partei, Kollege Mehlsack voran, haben mit ihrer Laufbahn bei der Raiffeisenbank begonnen. Das ist die einzige Bank, die die Menschen wirklich brauchen. Auf dem Lande wie in der Stadt. Die anderen würden wir schließen und deren Geld einfach unter den Leuten aufteilen.
Das klingt nun aber doch sehr revolutionär …
Revolutionäre sind wir aber nicht! Der Sack ist das älteste Behältnis der Menschheit.Was ist denn revolutionär an dem Gedanken, dass überall in den Sparkassen morgens kein Filialleiter mehr kommt und aufschließt. Spart doch allen jede Menge Stress – Revolutionsstress gäbe es doch nur, wenn wir Straßenkämpfe organisieren würden. Aber da stünden wir, die ganzen Säcke aus der Parteiführung, ja vorne drin als Deckungsgeber. (Strohsack blickt uns nun tief und ernst in die Augen, fährt dann mit fester Stimme fort.) Das widerspräche voll unseren Zielen. Wir würden dagegen viel von diesem neumodischen Kram einfach nur nicht mitmachen. Denken Sie bloß mal an den Komplex Sicherheit und Überwachung. Dafür wäre bei uns Kollege Plumpsack zuständig. Da würde es schlicht genügen, dass der rumgeht! Schon wäre Ruhe im Karton, und keiner würde sich mehr umdrehen.
Aber was ist mit Ihrem anderen Parteimitglied, diesem Herrn Reissack? Könnte es nicht sein, dass der mal umfällt?
Ja natürlich! Dafür ist er ja geradezu geschaffen. Das ist sein großes Talent. Und wenn die Medien dies aufgreifen und kommentieren wollen: bitte sehr! (Er strahlt siegessicher.) Das verschafft unseren Ideen lediglich Resonanz und Wirkung.
Wie ist die weitere Zuordnung in Ihrer Parteispitze bezüglich der anderen Politikfelder?
Da muss ich in erster Linie den Kollegen Sitzsack nennen, der auch schon in seinem bisherigen Leben von außerordentlicher stationärer Verlässlichkeit war. Ich kann mir einfach keine Koalitionsverhandlungen vorstellen, aus denen wir nicht wegen dessen Beharrlichkeit und Ausdauer siegreich hervorgehen würden. Ich will da jetzt keine Namen aus den gegenwärtigen Verhandlungen im fernen Berlin nennen. Aber die hätten keine Chancen gegen uns – denen würden wir mächtig auf den Sack gehen. (Strohsack grinst schelmisch.)
Wann können wir mit ersten parlamentarischen Erfolgen von Ihnen rechnen? Schon bei der Europawahl?
Wenn nichts dazwischen kommt: ja! Andererseits: Wer will freiwillig zwischen einem Stroh- und einem Maissack stehen? Das ist eben unsere große Stärke. Maisstärke sozusagen!
Herr Strohsack, wie danken für das erhellende Gespräch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut