Die Wahrheit: Leonard und die Luschen
Achtzigjährige Männer sollte man nicht unterschätzen. Heißen sie Leonard Cohen, werden sie von jüngeren Frauen nicht von der Bettkante gestoßen.
L eonard Cohen wird in diesem Monat achtzig Jahre alt. Udo Jürgens auch. Dessen neue Platte heißt übrigens „Mitten im Leben“, und irgendwie hat man den Eindruck: achtzig ist das neue sechsundsechzig. Mit achtzig Jahren ist offenbar, wie Jürgens 1977 in erstaunlich schludrigem Deutsch sang „noch lang noch nicht Schluss“.
Den Udo Jürgens würde sie, pflegte meine Tante Uschi immer zu sagen, auch nicht von der Bettkante schubsen. Seitdem muss ich, wenn ich an den Sänger denke, ihn mir stets im blauen Anzug vorstellen, wie er mit übergeschlagenen Beinen auf der Kante von Tante Uschis wuchtigem Bett sitzt und aus einer Tasse von dem guten Geschirr Bohnenkaffee trinkt, während Tante Uschi im Bett sitzt und lächelt.
Das war 1975. Dann kam 1976, und Jürgens sang „Aber bitte mit Sahne“, was die weibliche Verwandtschaft väterlicherseits dem smarten Österreicher nie verziehen hat. Denn Übergewicht ist Veranlagung und hat auch viel mit schweren Knochen zu tun. Ich glaube, dieser Song hat seiner Karriere mehr geschadet als „Buenos Dias Argentina“.
Leonard Cohen dagegen macht keine Fehler, nie. Ich kenne ausschließlich Frauen, die Udo Jürgens jederzeit, aber Leonard Cohen niemals von der Bettkante schubsen würden, und zwar nicht, weil man Greise prinzipiell nicht schubsen sollte, sondern weil er mit achtzig immer noch scheiße gut aussieht und seine Stimme alle Frauen – ich zitiere – „immer ganz wuschig macht“. Und das ist die jugendfreie Version des Zitats.
Cohen hatte einen schweren Start: Sein Leben als erfolgreicher Schriftsteller gefiel ihm irgendwann nicht mehr und machte ihn ganz melancholisch, sodass er im Alter von 33 Jahren auf Liedermacher umsattelte. Gleich eines seiner ersten Lieder wurde ein Hit, was seine Laune allerdings nicht zu verbessern vermochte. „Suzanne“, von Fans gern als platonische Liebeserklärung an eine damals eher promisk lebende Künstlerin interpretiert, handelt bei genauerem Hinhören lediglich von Sex mit einer Frau, die ziemlich einen an der Waffel hat.
Weil auch das Leben als erfolgreicher Sänger für das kanadische Sensibelchen auf Dauer langweilig wurde, suchte er sich eine Religion, dreimal dürfen Sie raten, welche: Was Richard Gere kann, kann ich schon lange, dachte er sich und wurde sogar unter dem Namen Jikan (der Stille) zum buddhistischen Mönch ernannt. Der Stille. Schon klar.
Diese stillen, Tiefsinn vortäuschenden Typen habe ich schon in der Schule gehasst. Leander Morgenrath hieß der Penner. Mein Verdacht, vielleicht schweigt er, weil er einfach nichts zu sagen hat, hatte mir damals von Kerstin Fröbel eine Woche eisiges Schweigen eingebracht.
Da lobe ich mir Cat Stevens aka Yussuf Islam, der sich eine Religion gesucht hat, die eben nicht alle gut finden. Davor habe ich Respekt. Buddhismus ist doch was für Luschen. Achtzig wird Cohen. Und sieht immer noch besser aus als ich mit fünfzig. Aber mein Übergewicht ist halt Veranlagung. Außerdem habe ich schwere Knochen.
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