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Die Wahlrechtsdebatte geht weiter

■ Schäuble bekräftigt Ablehnung einheitlicher Fünfprozentklausel für Gesamtdeutschland / Auch DDR-Regierungschef für Beitritt nach separatem Wahlgang / Konflikt mit SPD vorprogrammiert

Frankfurt/Bonn (ap/taz) - Führende Regierungspolitiker in Bonn und Berlin lehnen für die erste gesamtdeutsche Wahl ein einheitliches Wahlrecht weiterhin ab. Innenminister Wolfgang Schäuble und Ministerpräsident de Maiziere plädierten dagegen unabhängig voneinander für einen getrennten Wahlgang und anschließenden Beitritt der DDR zum Grundgesetz.

Schäuble meinte, eine Fünfprozentklausel könne dann für die Parteien in der Bundesrepublik und der DDR nur auf das jeweilige Staatsgebiet bezogen gelten. Wenn bei gemeinsamen Wahlen der deutschen Staaten beide Teile fair zusammenwachsen sollten, so Schäuble, dürften bei den Gruppierungen aus der DDR nicht vorab schon Strukturen vorausgesetzt werden, die es ihnen erlaubten, im ganzen Deutschland zu bestehen. Schäuble erklärte, er könne sich eine Fünf-Prozent-Sperrklausel getrennt für die Bundesrepublik und die DDR vorstellen. Demgegenüber hatte die SPD in den letzten Tagen vehement für ein einheitliches Wahlrecht mit Fünfprozentklausel plädiert und andernfalls sogar Verfassungsklage angedroht. Die CSU plädiert mit Blick auf ihre angeschlagene Schwesterpartei DSU für eine Dreiprozentklausel.

Die Wahl in getrennten Gebieten vor dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz bedeutet, daß zum Überwinden der Fünfprozenthürde unterschiedliche absolute Stimmenzahlen erforderlich sind. Nach Berechnungen des Bundesinnenministeriums wären im Bundesgebiet rund zwei Millionen, in der DDR aber nur 575.000 Wählerstimmen nötig. Bei einem einheitlich geregelten Wahlgang bedeuten fünf Prozent jedoch 2,575 Millionen Stimmen. Wenn eine Partei in diesem Fall nur in der DDR antritt, müßte sie dort 23 Prozent erreichen, um im Parlament vertreten zu sein.

Schäuble betonte, gegen die Fünfprozentklausel in einem einheitlichen Wahlgebiet bestünden „erhebliche, auch verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Bedenken“. Lege man das Ergebnis der Volkskammerwahl vom 18. März zugrunde, wären bei einem einheitlichen Wahlgebiet rund „35 Prozent der von den Wählern in der DDR abgegebenen Stimmen in einem gesamtdeutschen Parlament nicht vertreten“.

Nach den Worten Schäubles scheint es praktikabler, wenn die DDR erst nach den Wahlen zum gesamtdeutschen Parlament der Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes beitritt. Er trat ferner dafür ein, daß auch der vereinte Staat den Namen Bundesrepublik Deutschland tragen solle. Die Entscheidung über die Hauptstadt solle der gesamtdeutsche Bundestag treffen. Schäuble sprach sich dagegen aus, die Frage der Hauptstadt schon im zweiten Staatsvertrag über die Vereinigung zu klären.

eis

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