Die Vorschau: Kunst meets Politik
■ Heute beginnt in der Galerie Katrin Rabus das zweitägige Böll-Stiftungs-Symposium „Kunst in der Gegenwart“
Krisen, wohin man blickt. Die Grünen sind in der Krise. Die Kunstkritik ist in der Krise. Und Krise lautet das einzig zutreffende Synonym für das, was landläufig als „Dialog zwischen Kunst und Politik“ firmiert. Zumindest Bernd Gosau, Vorstandsmitglied der krisengrünennahen Bremer Heinrich-Böll-Stiftung, sieht das so, weshalb er mit der Galeristin Katrin Rabus, Eva Schmidt von der Gesellschaft für aktuelle Kunst und einigen weiteren KooperationspartnerInnen ein Symposium mit Namen „Kunst in der Gegenwart“ ins Leben gerufen hat.
Es ist das erste seiner Art. Weitere sollen in den kommenden drei Jahren folgen, weil die Böll-Stiftung sich davon erhofft, dass am Ende das Ausmaß der Krisen kleiner und die Nähe zwischen Politik und Kunst – oder, vorsichtiger formuliert, zwischen Gesellschaft und Kultur – größer ist. Ganz, oder doch zumindest ungefähr so, wie es damals einmal war, als die Grünen gegründet wurden und Künstler wie Stiftungsnamensgeber Böll oder Joseph Beuys ihr Schaffen immer auch in gesellschaftspolitischen Bezügen zu verorten suchten.
Ob sich Gosaus These als richtig erweist, dass KünstlerInnen und PolitikerInnen heutzutage zum gegenseitigen Nachteil „separiert“ vor sich hin wurschteln, wird das zweitägige Symposium ja zeigen. In Vorträgen und Diskussionen soll geprüft werden, ob der systemtheoretische Ansatz des vor wenigen Jahren verstorbenen Soziologen Niklas Luhmann zum Verständnis der prekären Beziehung zwischen Kunst und Gesellschaft beiträgt. Barbara Kuon, Schülerin des in Karlsruhe lehrenden Philosophen Boris Groys, wird zudem die zeitgenössische Kunstproduktion vor dem Hintergrund der Archivierung und Kanonisierung von Kunstwerken in Museen in den Blick nehmen.
Eingebettet ist das Symposium in eine von Eva Schmidt kuratierte, in der Galerie zu sehende Ausstellung mit Arbeiten von Joseph Beuys, Roman Opalka, Harald Falkenhagen, Jerry Zeniuk, Öyvind Fahlström, Korpys/Löffler und Rémy Zaugg. Ihnen allen gemein ist, dass ihnen wenig gemein ist: Sieben Positionen zeitgenössischer Kunst, die von der mönchischen Strenge des Zahlenmalers Opalka über den schamanischen Aktionsismus eines Beuys bis hin zum didaktischen „Agit-Prop“ des Comic-Kartoghraphen Fahlström reicht. Neben Zeniuk, Opalka und Falkenhagen werden auch der Komponist Klaus Huber und Beuys-Schüler Johannes Stüttgen an dem Symposium teilnehmen. zott
Das Symposium beginnt heute um 14 Uhr mit einer Führung durch den Cage-Raum der Bremer Kunsthalle. Anschließend wird Roman Opalka im Museum Weserburg über seine dort zu sehenden Arbeiten berichten. Um 15 Uhr wird in der Galerie Rabus das Symposium fortgesetzt. Den Eröffnungsvortrag hält dort Schwerins Kunstmuseums-Direktorin Kornelia von Berswordt-Wallrabe „Zum Verhältnis von Moderne und Tradition“. Um 18 Uhr spielt das Ensemble Alternance Stücke von Huber, Grisey und Stroppa. Am Sonntag widmen sich zwei prominent besetzte Vortrags- und Diskussionsrunden ab 10 Uhr dem Verhältnis von Kunst und Gesellschaft. Für den Transfer zwischen Kunsthalle, Weserburg und Galerie ist ein Taxi-Service eingerichtet. Weitere Infos: Tel.: 35 23 68
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen