: Die Volkskammer bleibt aufmüpfig
■ Berliner Parlament sperrt sich weiterhin gegen ein Strom-Monopol für westdeutsche Atommafia
Ost-Berlin (ap/taz) - Die Volkskammer in Berlin sträubt sich weiter vehement gegen die Aufteilung des DDR-Energiemarktes unter den drei westdeutschen (Atom-)Konzernen RWE, Preussen -Elektra und Bayernwerk. Die Mehrheit der Abgeordneten setzte sich gestern dafür ein, Verhandlungen „mit allen interessierten Elektro-Unternehmen der Bundesrepublik“ aufzunehmen und eine „wettbewerblich verträglichere Lösung“ zu finden. Ein Antrag der Liberalen, die neue Treuhandgesellschaft mit entsprechenden Verhandlungen zu beauftragen, wurde an den Wirtschaftsausschuß verwiesen.
Für die Liberalen erklärte der Abgeordnete Thomas von Ryssel bei der Begründung des Antrags, die Ablösung des Staatsmonopols durch private Monopole könne nicht der Sinn der demokratischen Erneuerung und der Energiewirtschaft der DDR sein.
Das Bundeskartellamt bekräftigte seine unverändert kritische Haltung zu dem beabsichtigten Geschäft. Auch das (Ost-)Berliner Amt für Wettbewerb lehnt den geplanten Verkauf ab. Die 15 regionalen Energieversorger der DDR haben sich dagegen für das Geschäft ausgesprochen.
In Hamburg forderte Robin Wood die Regierungen auf, die Verhandlungen zur Übernahme der DDR-Stromwirtschaft und damit das „Erpressungsmanöver“ der drei bundesdeutschen Konzerne sofort zu stoppen. Offenbar müsse man dem Bundeskartellamt noch dankbar sein, daß der Abschluß der Übernahmeverträge vorerst gestoppt worden ist“.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kündigte in Köln für den Fall einer Vertragsunterzeichnung rechtliche Schritte gegen das Geschäft an. Beim RWE hieß es, zum Wochenende sei noch nicht mit einer Unterzeichnung zu rechnen. Verstärkt wird das Gerangel um die Aufteilung des Energiemarktes der DDR noch durch die lauter gewordenen Proteste der übrigen fünf bundesdeutschen Strommonopolisten, die sich ihr Stück am Kuchen sichern wollen. Vertreter der Hamburger Electrizitätswerke und der Berliner Bewag sagten, sie seien ebenfalls „bereit und fähig“ in den DDR -Energiemarkt einzusteigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen