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Archiv-Artikel

Heidi Oetinger, Verlegerin Die Unbeirrbare

Die beiden alten Damen haben sich untergehakt. Dezenter Schick, ähnliche Gesichtszüge, gleiche Größe. Sie könnten Schwestern sein, wie sie da so in die Kamera blicken. Die linke Dame auf diesem Bild ist Astrid Lindgren. Die rechte ist Heidi Oetinger, die Hamburger Verlegerin, die Lindgrens Bücher in Deutschland veröffentlicht hat. Das Bild wurde knapp vor dem 19. 11. 1998 gemacht, dem 90. Geburtstag von Heidi Oetinger.

Nun ist der 19. 11. 2008 und Heidi Oetinger begeht ihren 100. Geburtstag. Sie wird im erweiterten Freundeskreis feiern und vermutlich wird sie wieder den Orden am Revers tragen, den sie in den letzten Jahren bei allen ihren öffentlichen Auftritten trug. Es ist der Königlich Schwedische Nordsternorden, den sie 1988 für ihre Verdienste um die Förderung der schwedischen Literatur in der BRD bekam.

Heidi Oetinger nämlich hat in Deutschland Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ nicht nur herausgebracht, sondern zum Durchbruch verholfen. Das war 1949 und geschah gegen diverse Widerstände: Das rot bezopfte Mädchen, das Polizisten verhaut, lügt und verschiedenfarbige Strumpfhosen trägt, passte so gar nicht zu den Vorstellungen der deutschen Nachkriegs-Pädagogen. „Pippi Langstrumpf“ bekam zunächst finstere Kritiken in Deutschland. Heidi Oetinger aber ließ sich nicht beirren.

Der Oetinger-Verlag, den Heidi mit ihrem Mann Friedrich in Hamburg betrieb, wurde auch zur Heimat für das „Sams“ von Paul Maar und für die Bücher von Kirsten Boie. Unter anderem. Mit Astrid Lindgren aber verband Heidi Oetinger eine Freundschaft: Lindgren wohnte bei ihren Besuchen in Hamburg immer bei Oetingers zu Hause. „Sie wollte viel mehr von uns wissen“, sagte Oetinger 2002 der Welt, „als wir je von ihr erfahren konnten.“

Oetinger selbst blieb bis Mitte der 80er aktives Mitglied der Geschäftsleitung des Oetinger-Verlags. Was sie so jung gehalten hat, wollte das Börsenblatt wissen. Zum einen habe sie immer gearbeitet, „und wer arbeitet hat wenig Zeit, sich Gedanken ums Kranksein zu machen“. Zum anderen die Literatur: „Wer liest, der hat immer mehrere Leben, nämlich in Büchern.“ KLAUS IRLER

HEIDI OETINGER, 100, begann 1948 zunächst als Sekretärin beim Hamburger Verlag Friedrich Oetinger. FOTO: DPA