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Die Töchter der Yennenga

■ Afrikanische Filmemacherinnen im Frauenkulturzentrum und Kino 46

Während in Bremen noch die Schäden der deutschen Einheitsfeier bilanziert werden, finden die Vorbereitungen für ein Festival statt, das über die Grenzen schaut: Das Afrika-Frauenfilmfestival „Yennenga“.

Vom Frauenkulturzentrum belladonna in Kooperatin mit dem Kino 46 organisiert, ist es in Art und Umfang bundesweit einmalig. Etwa 70 bis 80 Prozent der afrikanischen Frauenfilme, schätzt Mitinitiator Karl- Heinz Schmid, werden in der Zeit vom 6.-14.10. im Kino 46 und den Räumen von belladonna zu sehen sein. Außerdem folgten vier Regisseurinnen aus verschiedenen Ländern Afrikas der Einladung, über ihr Leben und Arbeiten zu berichten.

„Wir Schwarzen“, schrieb die afro-amerikanische Regisseurin Julie Dash, „hatten nicht den Luxus eines Familienalbums oder Stammbaums. Unsere Erinnerungen bestehen aus Bruchstücken – aus Geschichten, Teilen von Geschichten, Worten.“ Jahrhundertelang trugen Griots, gleichermaßen ErzählerInnen, MusikerInnen, TänzerInnen und GeschichtsforscherInnen, diese Bruchstücke zusammen. Sie waren Gedächtnis und Gewissen ihres Volkes, waren ÜberlieferInnen der oralen Tradition, die heute zunehmend von neuen Medien wie dem Film abgelöst wird. Eine der Griots-Erzählungen beschreibt das Leben von Yennenga, die dem Filmfestival den Namen lieh. Die afrikanische Königstochter, die im elften Jahrhundert durch eine Kriegslist ihr Volk rettete, wird noch heute in Burkina Faso als Heldin verehrt.

Die zwanzig Filme des Festivals stammen aus allen Teilen des Kontinentes. „Es war eins unserer Anliegen, die Verschiedenheit der Regionen, Kulturen und Lebensweisen von Frauen in Afrika zu zeigen“, erklärt Maren Bock, Mitarbeiterin des Frauenkulturzentrums. „Afrikanische Bäuerinnen und Marktfrauen, afrikanische Frauen in Hunger und Elend – das sind Bilder in den Medien und oft auch unsere Assoziationen zu afrikanischen Frauen. Was aber gerne vernachlässigt wird, ist die Tatsache, daß Afrika Teil einer Weltkultur ist, die Frauen mitgestaltet haben.“

Wenn Afrika im Film thematisiert wurde, dann meistens aus der Perspektive des weißen, männlichen Regisseurs. „Es wird Zeit, WEISS als Disparates, Partikulares, als eine Machtkatagorie darin zu situieren, die das Andere hervorruft“, mahnt die Kunsthistorikerin Marie-Hélène Gutberlet, die diese Problematik am Freitag, 7.10. um 18.30 Uhr im Kino 46 in einem Vortrag vertieft.

„Männer sind nicht wie Frauen, unsere Narben sind nicht die gleichen“, sagt die Filmemacherin und Ethnologin Eliane de Latour, deren Film „Contes et comptes de la cour“ das Leben hinter den Mauern eines Harems dokumentiert. Safi Faye, die erste Filmemacherin Afrikas, erzählt in Kaddu Bekyat die Geschichte eines Jungen, der in die Stadt zieht, weil das Dorf ihn nicht ernähren kann. „Friends“ von Elaine Proctor dagegen thematisiert die Freundschaft von drei Frauen.

Die Filme zeigen verschiedene alltägliche Welten und gewähren Einblicke, die durch die Gespräche mit den Filmemacherinnen vertieft werden können. Ihr Kommen zugesagt haben Wanjiru Kinyanjui (Kenia), Tsitsi Dangaremba (Zimbabwe) und Farida Benlyazid (Tunesien). Mit Animata Ouedraogo gastiert in Bremen die Vorsitzende der Vereinigung afrikanischer Film- und Videofrauen, die 1991 gegründet wurde.

Die Veranstaltungen, einige davon nur für Frauen, finden im Kino 46 und in den Räumen von belladonna statt. Am Donnerstag um 19.30 Uhr wird das Yennenga-Festival von Helga Trüpel im Kino 46 eröffnet. Das Festival wird begleitet von drei Ausstellungen: Im Medienzentrum sind Bilder von Frauen aus Senegal und Gambia zu sehen. Das Übersee-Museum und das Frauenkulturzentrum präsentieren Frauenkunst aus Zimbabwe. dah

Karten und Programme bei belladonna (Sonnenstr. 8) oder im Kino 46 (Waller Heerstr. 46).

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