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Die StreitfragePazifismus adieu?

Der Vormarsch des Islamischen Staats scheint unaufhaltsam, der Ruf nach mehr Militär wird lauter. Ist das das Ende des Pazifismus?

Bomben auf Kobani: Luftschläge der USA sollen den IS aufhalten Bild: dpa

Der Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) scheint unaufhaltsam. Große Teile Syriens und des Iraks sind unter ihrer Kontrolle. Augenzeugen berichten von Vergewaltigungen von Frauen und Kindern, im Internet kursieren Videos von Enthauptungen, IS-Anhänger brüsten sich mit der Hinrichtung Tausender Männer. Die Bombardements der US-Amerikaner aus der Luft scheinen die Dschihadisten kaum zu schwächen.

Muss man das mit ansehen, weil westliche Staaten nicht in einen neuen Krieg gezogen werden wollen? Oder wäre ein entschiedenes militärisches Eingreifen angebracht?

Selbst Vertreter der Evangelischen Kirche wie der ehemalige Ratsvorsitzende Wolfgang Huber fordern nunmehr stärkeres Engagement: „Man mag über den richtigen Weg zur Hilfe streiten; aber man kann sich nicht heraushalten“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er sehe in dem Gebot „Du sollst nicht töten“ auch den Appell „Du sollst nicht töten lassen“.

Tatsächlich bedeutet ja Pazifismus dem ursprünglichen Wortsinn zufolge eben das: „Frieden machen“, wie kürzlich der Jurist Albrecht von Lucke in der taz erklärte. Pazifismus, das besteht aus den lateinischen Wörtern „pacem“, also Frieden, und „facere“, also machen. Die Frage aber ist: Wie schafft der Pazifist Frieden, schließt er Waffen grundsätzlich aus?

Nach 1945 forderte die Friedensbewegung hierzulande: „Nie wieder Krieg!“ Die Argumente sind klar: Sind zwei Parteien unterschiedlicher Meinung, muss es eine Lösung geben, die keine Waffen beinhaltet. Gewalt, so die Theorie, erzeugt immer Gegengewalt.

Was aber, wenn eine Partei kein Interesse an Verhandlungen und friedlichen Lösungen hat? Der IS strebt ein islamistisches Kalifat an, wie viele Menschen auf dem Weg in diese Regierungsform sterben, scheint egal. Ist es da nicht naiv, für eine gewaltlose Reaktion zu plädieren? Oder sogar feige, sich hinter dem Pazifismus zu verstecken?

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, macht sich inzwischen stark für einen Bundeswehr-Einsatz in Syrien. Und der Linken-Vorsitzende Dietmar Bartsch glaubt, dass nur ein UN-Mandat die Menschen in Kobani vor dem IS retten kann.

Pazifismus adieu?

Kann man heute noch Pazifist sein – oder ist das veraltet? Hat der Pazifismus vielleicht einfach Pause? Oder ist es komplizierter und auch Pazifisten können in Ausnahmefällen mit Waffen Frieden schaffen?

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21 Kommentare

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  • Krieg und Frieden ist keine Einstellungssache und auch kein Weltbild an sich. "Frieden" ist auch nicht als politische Forderung geignet, die man gegen "Krieg" durchsetzen müsse. Frieden ist vielmehr eine Folgeerscheinung freiheitlich-demokratischer Politik.

     

    In einer Welt in der die Bürger über demokratische Prozesse die Regeln ihres Miteinanders, auch über Grenzen hinweg, finden und bestimmen, wird es keine kriegerischen Auseinandersetzungen geben.

     

    Krieg und Frieden sind damit auch Folgeerscheinung politischer Weltbilder. Pazifistische Weltbilder begegnen Meinungsverschiedenheiten entweder mit einem vernünftig-argumentativen Diskurs oder mit einer Meinungsfreiheit die auch Dissenz zulässt. Kriegerische Weltbilder dagegen beschwören einen Feind in der Welt, den es zu bekämpfen gilt um die eigene Herrschaft, oft die Herrschaft des "Guten", zu sichern.

     

    Diesen kriegerischen Weltbildern kann man in der Praxis nicht mit Dialog begegnen. Sie lehnen den Dialog und das Nebeneinander von Andersartigkeit kategorisch ab.

    Dieser "Krieg" der Weltbilder wird in mordernen Gesellschaften argumentativ geführt. Wurde diese Ebene aber einmal verlassen können sich auch pazifistische Weltbilder nur mit den Waffen der kriegerischen Weltbilder gegen diese wehren. Auch Popper erkannte schon, dass Toleranz gegenüber Intoleranz nur letzteres stärkt.

     

    Ich habe ein pazifistisches Weltbild, aber lehne den Pazifismus als Schlagwort, Einstellung oder politische Forderung ab. Er ist naiv, realitätsfern und verachtet Menschen in aktuer Not.

  • Ja, alle freuen sich über die Stabilisierung des Assad-Regimes -

    oder fordert hier etwa jemand außer einzelnen jungle-world-Autoren den militärischen Sturz der Diktatur?

    Die Assad-Leute, die die Bevölkerung als Geisel hielten, haben seid 2011 den größten Teil der 200.000 Kriegstoten verbrochen.

     

    Einseitig also wer meint die Kalifatisten seien eine Erfindung, ein Ergebnis der USA.

     

    Zum Thema:

    wenn eine monströs bewaffnete riesige Gruppe andere angreift, und ihre Vernichtungswut umsetzen will, und mit nichts anderem zu stoppen ist, dann müssen sich die Betroffenen verteidigen und brauchen dafür Unterstützung. Alles andere ist unterlassene Hilfeleistung, mit welchen Ausreden auch immer.

     

    Wir können gerne eine Reihenfolge der Entwaffnung und Entmilitarisierung festlegen.

     

    Solidarität mit all den Revolten, die sich der Despotien entledigen.

  • im übrigen: bevor man den pazifismus zur disposition stellt, sollte man doch erst mal klären, ob die türken - oder andere wilde - schon wieder - oder immer noch - vor wien stehen...

  • im Prinzip gibt es eben keinen Pazifismus, es gibt nur eine Zeitspanne zwischen Kriegen, nicht mal die sich Pazifisten nennen, sind frei von Gewalt, wir Deutschen sind nur verwöhnt, besonders wir Westdeutschen, nach dem Krieg haben zB Trümmerfrauen Deutschalnd wieder aufgebaut, alle Menschen haben hart gearbeitet, mit dem Resultat, dass es heute den unter 50jährigen blendend geht, aber schon regt sich wieder der Sozialkampf-die Alten fressen den Jungen ihre, den Jungen, Zukunft weg, schon werden unter dem Tisch die Messer gewetzt, auch in der Politik, anstatt der eigentlichen Aufgabe-Schaden abzuwehren und Wohlstand zu mehren, zoffen sich unsere Politiker, also Kampf steht immer an erster Stelle und das Schlimmste in D, die eigentlich zum Frieden aufrufen sollten, rufen nun zum Kampf auf, wie anno damals-zu einem neuen Kreuzzug !

  • The military the monetary… work for peace…

    http://www.youtube.com/watch?v=hPqpV9olIlw&list=PL5AD2E8DCD7248BFD&index=2

     

    1 Million € wiegen 2 Kilo. In 500€-Scheinen.

    1,5 Milliarden € wiegen 3 Tonnen. In 500€-Scheinen.

     

    556 Millionen 500€-Scheine sind derzeit in Umlauf.

     

    10 Zehn

    100 Hundert

    1000 Tausend

    10000 Zehntausend

    100000 Hunderttausend

    1000000 Eine Million

    10000000 Zehn Millionen

    100000000 Hundert Millionen

    1000000000 Eine Milliarde

    278000000000 Zweihundertachtundsiebzig Milliarden.

     

    Der islamische Staat hat kein Konto bei der Deutschen Bank. Das Erdöl aus den kontrollierten Ölfeldern wird Cash verkauft. Wie kauft der IS seine Waffen und Munition? Cash? Wer kauft das Öl ? Das es geht, ist dank dem Euro möglich. Knapp 34 Prozent des Bargeldbestandes in Euro bestanden zur Euro-Bargeldeinführung 2002 aus 50-Euro-Scheinen und 23 Prozent aus 500-Euro-Noten. Bis zum Februar 2010 hat sich das zugunsten der 500er gewandelt, die mittlerweile 36 Prozent des Umlaufs ausmachen. Wer kann beim Bäcker mit 500€-Scheinen bezahlen?

    Friedensarbeit hieße die Ölströme genauer anzuschauen. Und wer verkauft Waffen cash? Warum gibt es diese Unmenge an Geld in großer Stückelung? Das sind so Fragen.

     

    „Die Dividenden steigen und die Proletarier fallen.“

     

    Mit der Hilfe von liquide gewordenen Ideen dreht man heute eben die Levantiner durch den Fleischwolf. So wie die Mafia Familie und Omerta bemüht.

     

    Es ist leicht, Bomben abzuwerfen. Friedensarbeit ist ein ungleich dickeres Brett, das es zu bohren gilt.

  • Als bisher überzeugte Pazifistin möchte ich gern folgendes zum Besten geben: Mein sechsjähriger Sohn erzählte mir gestern ganz stolz, beim Spielen im Park mit seinen Freunden eine "NERF-Waffe" benutzt zu haben. Er habe sich damit auch selbst angeschossen und das habe garnicht weh getan. Und schließlich haben alle coolen Jungs so ein "Spielzeug". Vorsichtshalber sagte ich erstmal nichts dazu, war jedoch einigermaßen irritiert von dem mir nicht bekannten Begriff NERF und dem aufkeimenden Interesse meines Kindes bezüglich dem Thema Waffen. Ich googelte dann erstmal NERF, weil ich keinerlei Idee hatte, um welche Art Spielzeugwaffen es hierbei geht. Was ich zu sehen bekam, schockierte mich geradezu: sehr nah an der Realität, für kindliche Benutzung umgesetzte Maschinenpistolen mit Plastik/Schaumstoff-Geschossen, das also waren NERF...

    Nun, ich sehe Nachrichten, ich interessiere mich für die Dinge, die auf der Welt passieren, insofern fragte ich mich an dieser Stelle: Macht es Sinn, den Pazifismus weiter zu leben und zu lieben? Und anhand dieses für mich (einzigen wirklich) greifbaren Beispiels mit meinem Sohn bleibt mein Fazit: JA, das tut es! Weil nichts aber auch gar nichts auf dieser Welt mit irgendeiner Art Waffen "gelöst" werden sollte. Das jedenfalls ist meine Meinung. An dieser Stelle übertrage ich die globalen Probleme auf meinen kleinen Radius, weil ich so besser erspüren kann, wie man sie eventuell lösen kann.

    Und: Kann ein "Schreckgespenst" wie der IS wirklich nur mit Waffengewalt bekämpft werden? Ich bitte darum, dass es nicht so ist... Weil... Wo ist das Ende dieses "Fahnenmastes"? Erzeugt Gewalt nicht immer Gegengewalt?!

    • @Merle Massow:

      Ich kann ihre Gedanken gut verstehen, habe ich doch selbst drei Kinder. Und nichts wünsche ich meinen dreien, ihrem Sohn und allen anderen Kindern mehr und sehnlicher, als daß es ihnen gut gehen möge. Daß sie eine glückliche Kindheit und ein Leben in Frieden haben. Auch und gerade deshalb macht es nicht nur Sinn, den Pazifismus weiter zu leben und zu lieben. Es ist geardezu notwendig. Fragt sich nur, was Pazifismus bedeutet und wie er gelebt werden kann. Bedeutet er, sehenden Auges und klaren Verstandes alles auf sich zukommen zu lassen und evtl. all das mit sich machen zu lassen, was man selbst nie einem anderen antun würde? Sicherlich nicht. Ich gebe ihnen vollkommen recht: nichts sollte jemals mit Waffen gelöst werden. Von uns beiden aus und vielen, vielen anderen aus auch nicht. Nur sind leider nicht alle so. Ja, Gewalt erzeugt allermeistens Gegengewalt, solange die Ursachen der auslösenden Gewalt nicht beseitigt sind. Beispielsweise sehe ich es als völlig falsch an, Waffen dorthin zu liefern. Vielmehr wäre es richtig, UN-Truppen dorthin zu schicken. Selbstverständlich mit deutscher Beteiligung. Das wäre auch Völkerrechtlich einwandfrei. Aus meiner Überzeugung heraus ist auch ein solches Vorgehen pazifistisch. Was machen wir, wenn eines wohl nicht mehr all zu fernen Tages die Gewalt sich auf unseren Straßen ausbreitet? Zusehen und hoffen, wir werden schon nicht drankommen? Ja, auch Verteidigung ist Gewalt. Aber durchaus legitime Gewalt. Nichts zu tun, ist das nicht verantwortungslos, gar feige? Ich mache alles dafür und bete darum, daß dieses Szenario bei uns niemals Wirklichkeit werden wird. Bei anderen ist es aber der Fall. Wegsehen hift leider nicht. Allerdings: Spielzugwaffen darf es keine geben!!!

    • @Merle Massow:

      wenn sie globale Probleme nur in ihrem "kleinen radius übertragen" müssen, um sie zu "erspüren"...

      was wäre, wenn ein kindermörder ihren sohn mit einer waffe bedroht und kurz davor ist ihn zu töten...

      darf ein Polizist ihn dann mit Waffengewalt aufhalten?

      oder sollte erst noch gebeten und erspürt werden, wie das Problem anders gelöst werden könnte?

       

      in syrien und Irak sterben täglich unschuldige.

      im radius der sicheren Bundesrepublik ist es leicht, Pazifist zu sein.

  • Ich denke das es eher ein subjektiver Standpunkt ist und jeder selbst seinen Pazifismusbegriff

    definieren sollte. So wie das Thema zur Zeit kommuniziert wird, kommt es mir vor als wenn nach

    einem neuen "kategorischen Imperativ" gesucht werden soll um einen Kriegseinsatz zu rechtfertigen. Weiterhin fehlt hier völlig die Sicht auf jene die zum "töten" dorthin gehen würden. Daher würde ich nur 2 Fragen stellen. Wer will mit einem. Mörder leben und kann er mit sich selbst leben? Ist es in solchen SItutation vll. besser Leid zu erleiden, als Leid zu sähen?

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Wenn ein Kriegsdienstverweigerer den Zivildienst leistet, anstatt die Totalverweigerung ..., dann bedeutet diese Kompromissbereitschaft, daß er der Verkommenheit und Heuchelei des Systems respekt zollt und Pazifismus in Zynismus und ... ;-)

  • Die Autorin fragt eingangs ihres Textes, ob der Pazifismus am Ende sei? Das hieße ja, dass er einmal eine Hochzeit hatte und im Sinne der Friedenssicherung Erfolge vorzuweisen hatte. Ich mag mich täuschen, aber ich kenne keinen Terror, der allein durch das Nichtbenutzen von Waffen und weiterem militärischem Gerät beseitigt worden wäre. Die Liste derer, die durch Waffen vom Morden abgehalten wurde, ist Legion; all das spricht leider dafür, dass militärische Mittel, vulgo Krieg, als ultima ratio kaum zu umgehen sind - um dem Morden endlich Einhalt zu gebieten.

     

    Auch wenn es schmerzt: Als Geisteshaltung hat der Pazifismus meine volle Sympathie, als Lösungsmittel bestehender Konflikte (wie gerade der IS zeigt) taugt er nicht. Es ist eine ernüchternde Erkenntnis, aber anscheinend sind Gewalt, Töten, Vergewaltigen, Vertreiben etc. Konstanten menschlichen Lebens, sie brechen immer wieder auf in wirtschaftlich, religiös und ethnisch virulenten Situationen. Dann ist es leider zu spät für ein „Du sollst nicht töten.“

     

    Positiv fällt mir das Engagement des Jesuiten-Flüchtlings-Dienstes JRS ein: Patres dieses Ordens sind in der Türkei, im Libanon und im Irak im Einsatz, um sich um die vielen Vertriebenen und Traumatisierten zu kümmern. Das macht ihre Flucht aufgrund des Terrors des IS nicht ungeschehen, lässt aber neben den Panzern und Bombern eine Stimme der Caritas und Mitmenschlichkeit nicht verstummen. Vielleicht ist genau das Pazifismus.

  • Pazifismus... Teil 1?

     

    Das erinnert an die inquisatorischen Fragen und Situationen, denen sich in (vorläufig) vergangenen Zeiten Kriegsdienstverweigerer ausgesetzt sahen: Was machen Sie, wenn der Russe mit einem Messser vor Ihnen steht und ihre Schwester bedroht?! Der böse Russe, der böse Islamist etc. Gleich geblieben ist: Wir sind die Guten, um mit dem taz-Mitbegründer Bröckers zu sprechen.

    Der Russe stand allerdings nie mit dem Messer im Maul seines Untermenschengesichtes in der Einkaufszone der westdeutschen Kleinstadt, die Attentate der bösen Islamisten werden zwar seit Jahrzehnten von den jeweils Regierenden herbeigeredet, ja geradezu herbeigesehnt, aber auch da Fehlanzeige. Und wenn wir uns genau diesen Bereich ansehen: wieviele westlich-christliche Länder waren im letzten Jahrhundert Opfer von Angriffen islamischer Staaten? Und wieviele islamische Völker wurden Opfer von militärischen Angriffen, Staatsstreichen und wirtschaftlicher Ausbeutung durch den Westen?

    Die Geschichte der Region, die heute durch den IS aufgemischt wird, in den letzten 100 Jahren ist eine Geschichte von Betrug, Ausbeutung und militärischer Unterdrückung. Und die konkrete heutige Situation ist eine Folge der unseligen US-Politik der letzten Jahrzehnte, deren einziges Ziel es war, die Stellung ihres Verbündeten Israels in der Region zu stärken, durch die Zerschlagung der zwar autoritären, aber ökonomisch und sozialpolitisch relativ erfolgreichen laizistischen Regime in dessen Umfeld. Die US-Neokons haben schon vor 30 Jahren eine ToDo-Liste der Länder aufgestellt, in denen Regimewechsel erreicht werden sollten. Darunter der inzwischen abgehakte Irak; Syrien ist gerade in Arbeit, der Iran wird als nächtes folgen.

  • Pazifismus... Teil 2

     

    Wer hier die Frage nach dem Ende des Pazifismus stellt, und nicht das historische und aktuelle Umfeld wahr nimmt, in dem sich die Konflikte abspielen, handelt entweder als böswilliger Kriegstreiber und Vertreter von US-Interessen, oder ist einfach naiv. Der IS ist nicht vom Himmel gefallen, wird finanziert von den Saudis und anderen Öl-Despotien am Golf, logistisch unterstützt vom Nato-Partner Türkei, und das alles sicher nicht ohne Wissen der USA. Die Taliban, die den US-Einfall in Afghanistan rechtfertigen mussten, waren eine Schöpfung von US- und pakistanischem Geheimdienst, Osama Bin Laden, der "Terrorfürst", ein wichtiger Verbündeter der USA in Afghanistan, solange es noch darum ging, die Islamisten gegen die Sowjetunion einzusetzen.

    Und zum Thema Moral: Enthauptungen von Geiseln durch den IS sind schlimm. Aber: Erinnert sich noch jemand an die live ins Weiße Haus übertragene Ermordung des völlig wehrlosen Bin Ladens durch US-Einsatzkräfte in dessen Schlafzimmer, vor den Augen seiner Frau? Zum Ergötzen von Obama und seiner Gefolgschaft? Wo bitte ist der moralische Unterschied?!

    Die Geschichte der letzten 60 Jahre sagt viel über die Unsinnigkeit militärischer Aggressionen aus, mit denen die USA eine breite Blutspur in der 3. Welt hinterlassen haben. Daraus den Schluss abzuleiten, dass Pazifismuss überholt sei, soll wohl eher sagen: Es macht keinen Sinn, sich dem Imperium zu widersetzen, wir müssen mitmorden.

  • Genauso wie K.G-E, die ohne Not eine Militarisierung der Politik vorantreibt (würde sie freiwillig in den Krieg ziehen, würde sie um den IS zu stoppen ihr Leben opfern???), ist auch die Schlussfolgerung, dass der IS-Terror das Ende des Pazifismus sein soll eine Verknüpfung von Zusammenhängen die so nicht existieren.

     

    Der IS-Terror zeigt doch nur, das die USA mit ihrer militaristischen Außenpolitik total gegen die Wand gefahren sind mit jeden Kopf den sie abschlagen wachsen neue nach.

     

    Der IS wird militärisch nicht zu besiegen sein (selbst als die Hydra getötet wurde wirkte ihr Gift lange nach).

    Gerade der IS-Terror, wie aber auch jeder andere Terror, ist ein Beleg dafür, dass es nur pazifistische Lösungen geben kann, alles andere schafft nur neue Kriege, neuen Terror.....

     

    ...und bis eine solche Lösung für den mittleren Osten gefunden wird werden noch viel Menschen für die Fehler der Amis ihr Leben lassen müssen... und sie sterben nicht weil ich Pazifist bin sonder weil die Politik militärisch ist und weil unsere Waffenlobby um ihre "Arbeitsplätze" fürchtet....

  • Die Emotionalität, mit der diese Debatte geführt wird, ist wohl in diesem Fall nur hinderlich. Völkerrechtswidrige Bombardements gegen jedwege Ideologie, die dem Westen nicht in den Kram passt, können nicht die Lösung sein.

     

    Und trotzdem kann auch ich mich persönlich nicht davon freisprechen, dass der Gedanke "Diese Irren muss man alle abknallen" zwischendurch durch meinen Kopf wandert angesichts der immer grausameren Nachrichten aus den Einflussgebieten des IS.

  • mir scheint ja eher die frage zu sein, wie lange wir noch zugucken wollen, wie willige koalitionen wie auch einzelstaaten das humanitäre kriegsvölkerrecht bis zur unkenntlichkeit zerschießen - erst durch sanktionen und drohnen, dann mit allen, was die waffenschmieden an immer schöner tötenden waffen zu bieten haben.

    als pazifistin könnt ich da schon mal an tyrannenmord denken...

  • Wie für alle anderen Richtungen auch, besteht auch für den Pazifismus die Herausforderung, auf sich verändernde Zeiten und neu auftretende Probleme Antworten zu finden. Mit Militärgewalt alleine werden wir dem IS jedenfalls nicht Herr. Und sei es nur deswegen, weil auch westliche Armeen voll von Korruption sind. Militärtypisch steile Hierarchien und Gehorsam gegenüber Vorgesetzten, verbunden mit ausgeprägter Geheimhaltung, sind quasi Garanten für ausgeprägte Korruption.

     

    Pazifisten können uns mindestens Anregungen geben, was es neben Militärschlägen zusätzlich noch braucht. Und wer weiß - vielleicht finden wir mit ihrer Hilfe in naher oder ferner Zukunft auch andere Wege als die Gewalt, mit solch gewalttätigen Gruppen effektiv umzugehen. Es wäre eine spannende Aufgabe, gemeinsam nach solchen Wegen zu suchen.

     

    Gewalttätern Grenzen zu setzen braucht jedenfalls viel Mut, Engagement und Beharrlichkeit; egal auf welchem Weg. Sonntagsreden beruhigen demgegenüber allenfalls das eigene Gewissen, nicht jedoch die Lage.

  • Was ist pazi-fistisch?

    Was ist Gewalt?

    Was ist gewaltlos, was gewaltfrei?

     

    Strukturelle Gewalt: wenn über Menschen verfügt wird und sie sich nicht wehren, nicht mitentscheiden können.

     

    I.

    Deshalb: am Krieg der Kalifatisten diese Frage aufzuhängen

    "Ist das das Ende des Pazifismus?" ist unsinn.

    Unter vielen Aspekten einer sicher endlosen Diskussion:

    1. viele Antimilitaristen/ Antimilitärs sind nicht für reine gewaltlose Aktionen.

     

    2. Die Kalifatisten führen einen Vernichtungskrieg - und gegen diese haben die Betroffenen ein Menschenrecht auf Selbstverteidigung.

     

    3. Verantwortungsethisch stellt sich die Frage "WIE ist den Betroffenen am besten zu helfen?"

     

    II.

    Eine Gewaltdebatte an dieser Stelle aufzumachen ist deplatziert.

    Im Gegenteil, die meisten Leute, die gegen militärische Mittel protestieren tun dies, weil sie

    a) gegen die NATO, gegen die USA etc. sind,

    b) weil sie fürchten die Strukturen würden miliratisiert,

    c) weil sie nicht mitdenken und keine Ahnung haben.

  • Die Staatengemeinschaft muss eigentlich eingreifen, wenn sie nicht zusehen möchte, wie Kurden, Jesiden, Christen, etc... ihr Land verlieren - wie sie im besten Fall vertrieben bzw. im schlechteren Fall umgebracht oder versklavt werden.

     

    Ich denke aber auch, dass die Idee eines "präzisen Krieges", der Zivilisten schont und nur ausgewählte militärische Ziele trifft, beim IS nicht funktionieren wird.

    • @DerKommentator:

      Welche Staatengemeinschaft?

       

      Bislang greift der syrische Staat da schon massiv ein. Welche anderen Staaten sollen mit Syrien eine Gemeinschaft schließen???