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Die Streif in KitzbühelEin gefährlicher Mythos

Schwere Stürze auf der Streif haben eine Sicherheitsdiskussion ausgelöst. Doch manche Spitzenfahrer meinen, dass die legendäre Piste nicht riskanter als andere ist.

Unfallfrei am Hahnenkamm: Didier Cuche, der König von Kitzbühel. Bild: dapd

KITZBÜHEL taz | Wenn es dunkel wird am Fuße des Hahnenkamms, steigt der Lärmpegel noch einmal. Dann kehren die Besucher, zum Teil schon alkoholisch aufgeputscht, zurück zur Streif, um die Helden zu würdigen. Und da ist es egal, woher die kommen. Als der Schweizer Didier Cuche am Samstagabend die goldene Gams, die riesige Trophäe für den König von Kitzbühel, in die Höhe reckte, brandete noch einmal Jubel auf über der Stadt.

Kitzbühel ist am Hahnenkamm-Wochenende kein Ort der Stille, erst recht nicht der Ort der Siegerehrung. Hier gibt es kaum Gelegenheit zum Innehalten und kein Interesse daran. Auch die schnellsten Skirennläufer der Hahnenkammabfahrt am Samstag, Didier Cuche und der Zweitplatzierte Bode Miller aus den USA, mischten sich nach der Siegerehrung unters Partyvolk.

Die Ereignisse, die am Donnerstag zuvor kurz für beklemmendes Schweigen gesorgt hatten, waren nicht vergessen, aber etwas in den Hintergrund gerückt. In erster Linie natürlich, weil Hans Grugger, der am Donnerstag im Training schwer gestürzt war und schwere Kopfverletzungen erlitten hatte, nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebt. Seit Sonntag gibt es sogar "Grund für vorsichtigen Optimismus", wie der Österreichische Skiverband verhalten mitteilte.

Ohne eine kleine Fortsetzung der Sicherheitsdiskussion ging es aber auch am Samstag nicht. Als der mit der Nummer 33 gestartete Siegmar Klotz bei der Einfahrt zur Traverse stürzte und im Fangzaun landete, war es noch einmal für einen Moment ruhig im Zielraum. Auch der Italiener musste mit dem Helikopter ins Krankenhaus geflogen werden, aber es gab schnell Entwarnung: Klotz erlitt eine Gehirnerschütterung sowie einen Bruch des rechten Handgelenks und ist damit vergleichsweise glimpflich davon gekommen.

Es gehört zum Mythos von Kitzbühel, dass Skirennläufer hier an ihre Grenzen stoßen - und sie manchmal auch überschreiten. Allerdings nicht, weil die Piste zu anspruchsvoll oder das Tempo zu hoch sei, wie Bode Miller feststellte, sondern "die Läufer haben die Fähigkeit verloren, das Risiko richtig einzuschätzen". Die meisten Abfahrten auf der Weltcup-Tour würden viel weniger Anforderungen an die Fahrer stellen. "Jeder ist für sich verantwortlich", sagt der Amerikaner.

Didier Cuche, fast so legendär wie die Streif selbst, gehört zu jenen Athleten, die ein exzellentes Gespür dafür haben, was man sich zutrauen kann und was nicht. Vor allem auf der Streif. Er sei in Kitzbühel noch nie gestürzt, sagte er, "und so etwas hilft". Genauso wie die Erfahrung, er ist mit 36 Jahren und fünf Monaten der älteste Sieger im Weltcup. "Ich weiß, wo mein Limit ist."

Es ist eben auch eine Frage der Klasse, die Grenzen auszulotsen, aber nicht zu überschreiten. Cuche hält sich normalerweise nicht zurück mit Kritik, wenn er etwas für gefährlich hält. In Kitzbühel sah er in diesem Jahr keinen Grund, der Sprung an der Mausefalle, der Grugger zum Verhängnis geworden war, habe für ihn alle Sicherheitskriterien erfüllt.

Bei seiner Fahrt am Samstag hatte der König von Kitzbühel kein gutes Gefühl. Er sei nicht fehlerfrei gewesen, sagte er später. Und doch erinnerte die Vorstellung von Cuche ein wenig an jene von Stephan Eberharter auf der Streif vor sieben Jahren. Der Österreicher hatte damals mit 1,21 Sekunden Vorsprung gewonnen. Cuche war am Samstag immerhin 0,98 Sekunden schneller als Miller und 1,18 Sekunden schneller als der Franzose Adrien Theaux. Mit seinem vierten Abfahrtssieg auf der Streif stellte der Neuenburger den Rekord des österreichischen Skiheroen Franz Klammer ein. "Eigentlich sind es bei mir erst dreieinhalb Siege, denn es war eine Sprintabfahrt dabei", sagte Cuche.

Die Österreicher verlebten auch sportlich kein schönes Wochenende in Kitzbühel. In der Abfahrt haben sie sich schon gewöhnt, der Konkurrenz zum Sieg gratulieren zu müssen - der aus der Schweiz. Seit dem Triumph von Michael Walchhofer 2006 standen nur noch Schweizer oben auf dem Podest. Dieses Mal schaffte es aber weder bei der Abfahrt noch im Slalom ein Eidgenosse unter die besten drei. Am Sonntag feierte der Franzose Jean-Baptiste Grange seinen zweiten Sieg auf dem Ganslernhang, er gewann vor Ivica Kostelic aus Kroatien und dem italienischen Olympiasieger Giuliano Razzoli. Die einzige deutsche Hoffnung, Vorjahrssieger Felix Neureuther, schied im ersten Durchgang aus.

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