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Die Stones bei der Berlinale-EröffnungAlarm auf dem roten Teppich

Früher zerlegten die Rolling Stones-Fans die Waldbühne. Und wie endet der Berlinale-Auftritt heute? Die taz hat einen Blick in das inoffizielle Drehbuch geworfen.

Die Rock-Opis sind wieder in der Stadt: Steinzeitstimmung auf der Berlinale. Bild: AP

ERSTE SZENE

Eine Suite im Hotel Adlon, abends. Keith Richards liegt auf einem King-Size-Bett, Charlie Watts und Ron Wood kleiden sich für die Berlinale-Eröffnung an. Mick Jagger, in knallengen Lederhosen und weißem Hemd, steht am Fenster.

Keith Richards (schnupft weißes Pulver aus einem Döschen und verzieht angewidert das Gesicht): "Was für ein Stoff! Der alte war besser."

Mick Jagger (blickt träumerisch aufs Brandenburger Tor): "Wir sind in Berlin, stimmts?"

Charlie Watts (geht ächzend in die Hocke, um Ron Wood die Schuhe zu binden): "Ja, Mann."

Keith Richards (setzt sich ruckartig auf, springt aufs Bett und spielt Luftgitarre): "Geil, Berlin! Haben wir da nicht mal ne ganze Bühne zerlegt?"

Mick Jagger (fixiert weiter das Brandenburger Tor): "Nein, das waren die Zuschauer. Weil wir gerade mal 25 Minuten gespielt haben. Aber das war vor über 40 Jahren. Irgendwo im Westen, auf so ner Nazi-Bühne. Furchtbare Fans. (Pause) Wo ist hier eigentlich die Grenze?"

Keith Richards (hält inne und massiert sich die Hüfte): "Wenigstens hat man uns hier nicht vergessen."

Es klopft.

Page (respektvoll): "Meine Herren, Ihre Limousinen sind da!"

Die vier schalten ihre Hörgeräte aus und verlassen das Hotelzimmer.

ZWEITE SZENE

Am Potsdamer Platz. Am roten Teppich hat sich eine dichte Menge versammelt, die schon seit Stunden wartet. Altrocker mit grauen Haaren drängeln sich neben Mittzwanzigern, die "Fuck Bush"-Plakate in die Höhe halten. Vereinzelt sind Original-70er-Jahre Lederjacken zu sehen. Etwas abseits steht eine Gruppe ordentlich gescheitelter Anzugträger mit "Junge Union"-Ansteckern.

Die Stones schreiten langsam über den roten Teppich und werden dabei von Madonna, Scarlett Johansson und Elmar Wepper überholt. Jagger schielt auf Johanssons Brüste und rempelt dabei Keith Richards an, der Penelope Cruz aufs Kleid tritt.

Penelope Cruz (sauer): "Hey you, get off of my Kleid!

Berlinale-Chef Dieter Kosslick geht den Stones entgegen, lächelt, streckt die Hand aus.

Dieter Kosslick (in seltsamem Englisch): "Pleased to meet you, hope you guess my name!"

Mick Jagger (wischt seine Hand an der Hose ab, murmelt): "Sticky fingers."

Keith Richards (verwirrt): "Are you Knut?" (tätschelt Kosslick den Anzugrücken).

Im Publikum entsteht Unruhe, eine Stones-Coverband aus Ostberlin hat sich nach vorne gedrängt und beginnt, mit Gitarre und Schellenkranz eine schauderhafte Version von "Satisfaction" zu spielen. Keith Richards hopst luftgitarrespielend über den roten Teppich. Mick Jagger signiert Platten und Rolling-Stones-Zungen-Shirts mit einem Edding. Als er versucht, Scarlett Johanssons Dekolleté zu signieren, pfeffert sie ihm eine mit der Handtasche. Kosslick läuft hin und her, unschlüssig, wen er beschützen soll.

In diesem Moment fängt die Gruppe der jungen Anzugträger an, laut "Angie, Angie!" zu grölen. Als sie ein Angela-Merkel-Plakat entfalten wollen, kommt es zu einem Handgemenge mit den Altrockern und den Bush-Gegnern. Die Junge Union wird zurückgedrängt und taumelt in die Ost-Coverband. Gitarren gehen zu Bruch; die Ostband, die Altrocker, die Bush-Gegner und die Junge Union verkeilen sich ineinander. Scarlett Johansson nutzt den Tumult, um Mick Jagger noch eine Ohrfeige zu geben.

Martin Scorsese (kommt mit einer Handkamera, schreit): "Shine your light!"

Scorsese wird in die Rauferei hineingezogen. Die Absperrung bricht, die entfesselte Menge ergießt sich über den roten Teppich. Mehrere Polizeiwannen fahren vor. Die Beamten greifen 20 Herren in Lederjacke und schieben sie in die Autos. Unter ihnen Mick Jagger.

Mick Jagger (windet sich im Griff eines dicken Polizisten): "Let me go, Im Mick Jagger!"

Polizist: "Dit sagense alle. Einsteigen, Großmaul!"

Jagger ab. Keith Richards klettert in Panik auf einen Baum und droht zu fallen.

Charlie Watts (stöhnt): "Scheiße, nicht schon wieder!"

Die Menge hat sich zum Filmpalast vorgearbeitet und zerlegt unter "Rolling Bones!"-Rufen die Glasscheiben. Ein Wasserwerfer fährt vor, durchnässt den roten Teppich und Dieter Kosslick. Kosslick taumelt zum Hauptschalter und knipst das Licht aus. Der Potsdamer Platz liegt im Dunklen. Die Berlinale-Eröffnung samt Screening der Stones-Doku von Scorsese fällt aus.

DRITTE SZENE

Nachts, im Hotelzimmer. Keith Richards liegt im Schlafanzug auf dem Bett und wackelt mit den Zehen.

Mick Jagger (kommt aus dem Polizeigewahrsam zurück, knurrt): "Frag nicht!"

Keith Richards steht auf und gießt ihm einen Whiskey ein. Gemeinsam stehen sie am Fenster und betrachten das Brandenburger Tor.

Mick Jagger (murmelt): "Scheiße, Keith. Wir sind einfach zu alt für diese Stadt!"

VORAUSGESAGT VON NINA APIN UND ANTJE LANG-LENDORFF

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