Die Spartengewerkschaften freuen sich: Streiks befürchtet
Arbeitgeber fürchten viele neue Tarifpartner. Es gibt heute schon Spartengewerkschaften. Bei einigen wird bezweifelt, dass es sich um Arbeitnehmervertretungen handelt.

BERLIN taz | Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts fürchten die Arbeitgeberverbände, dass sich zahlreiche neue Berufsverbände bilden und es dadurch immer öfter zu Streiks kommt. Dabei gibt es auch jetzt schon unabhängige Spartengewerkschaften.
Die älteste ist die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) von 1867, die etwa 35.000 Eisenbahner vertritt. Auch die Pilotenvereinigung Cockpit existiert bereits seit 1969. Mit dem von Cockpit 2001 organisierten Streik begann die Diskussion um die Tarifpluralität. Die Vereinigung Cockpit, die etwa 8.200 Piloten vertritt, konnte eine kräftige Gehaltserhöhung aushandeln.
Nach diesem Erfolg löste sich die Ärzte-Berufsvereinigung Marburger Bund 2006 aus der Tarifvereinigung mit der Gewerkschaft Ver.di. Hans-Jörg Freese, Pressesprecher des Marburger Bundes: "Wir wollten uns nicht länger die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes aufzwingen lassen, sondern unsere eigenständigen Forderungen berücksichtigt wissen."
Den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts begrüßte Freese als Erfolg für alle Arbeitnehmer. "Die Einheitsgewerkschaften haben es nicht vermocht, hochqualifizierten Berufen wie dem der Ärzte Rechnung zu tragen."
Als in ihrer Tarifpolitik für die Arbeitnehmer berüchtigt gelten die kleinen, sogenannten christlichen Gewerkschaften. In der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen sind mehrere kleine Gewerkschaften organisiert: Der christliche Gewerkschaftsbund Metall mit etwa 60.000 Mitgliedern, die Berufsgewerkschaft DHV mit etwa 80.000 Mitgliedern und die Gewerkschaft öffentliche Dienste und Dienstleistungen mit etwa 50.000 Mitgliedern.
Gerichte hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach bezweifelt, ob diese Kleingewerkschaften überhaupt Arbeitnehmervertretungen seien.
Dass nach der Aufhebung der Tarifeinheit die Zahl der Berufsgewerkschaften zunimmt, halten Experten wie der Arbeitsrechtler Stefan Greiner von der Uni Jena für unwahrscheinlich. Bisher hätten die Feuerwehrleute angekündigt, einen Berufsverband zu gründen. Auch IT-Fachleute und Fahrdienstleister der Deutschen Bahn könnten sich dazu entschließen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!