: Die Schere zwischen Arm und Reich
In Dschidda wohnt ein blinder Scheich, vom Emir angewiesen, die Schere zwischen Arm und Reich für alle Zeit zu schließen.
Das ist nicht leicht, die Schere klappt selbst nachts wie ein Expander und so, dass sie nach allem schnappt, was rumliegt, auseinander.
Kaum hat der Scheich mit letzter Kraft der betend frommen Hände im Bett den Scherenschluss geschafft, sticht’s wieder in der Lende.
Dann schleppt er sich aufs Minarett, den Schmerzschrei rauszulassen. Die Schere tobt derweil im Bett und trennt verschärft nach Klassen.
Wo kurze Zeit mal Ruhe war, geht’s voll Stoff auf die Socken. Der Scheich stürzt ab in den Basar und bleibt im Kuskus hocken.
Der Emir registriert den Fall mit Tränen und Bestürzung. Der Welt beschert er überall stets Lohn- und Rentenkürzung.
Reinhard Umbach
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