Die Rückschau: Ehre für Erfolglosen
■ Adalbert eckte an / Reliquienhandel
Blau auf weiß können sich die PostkundInnen in Deutschland, Polen, Tschechien und Ungarn ab nächster Woche einen Adalbert kleben. Mit dieser Tat verhelfen sie einem an sich Erfolglosen zu Ehren. Denn der Heilige scheiterte gleich mehrere Male. Zumindest er selbst war davon überzeugt.
Vom Mainzer Erzbischof Williges anno 983 als Siebenundzwanzigjähriger zum Bischof von Prag geweiht, schmiß Adalbert gleich zwei Mal Mitra und Stab hin, weil die heimischen Böhmen seinem Glaubenseifer und seiner Reformstrenge nichts abgewinnen konnten. Sie leisteten vielmehr erbitterten Widerstand, forderte er auch nicht weniger, als daß sie mit Sklavenhandel aufhörten und sich die Landsmänner jeweils mit einer Frau begnügten.
Das erste Mal schickte ihn der Papst nach Prag zurück. Weil danach erneut heftige Konflikte entbrannten, wich Adalbert nach Ungarn aus, um danach erneut in Rom Zuflucht zu suchen. Nun schickte ihn Kaiser Otto III. zurück und bewog ihn, sein Glück als Missionar bei den heidnischen Pruzzen zu versuchen. Zuvor war er nämlich daheim übel aufgefallen, weil er einer Ehebrecherin Kirchenasyl gewähren und sie vor der nach damaliger Auffassung verdienten Strafe der Steinigung bewahren wollte.
Kurz nach dem Märtyrertod an der Weichselmündung balgte man sich um Adalberts Reliquien. Boleslaw der Tapfere, der spätere erste polnische König, erwarb die sterblichen Überreste von den Pruzzen, um sie in seiner Königsstadt£ Gnesen zu bestatten.
Doch bereits 1039 schleppten die böhmischen Landsleute Adalberts Sarkophag samt Reliquien als Kriegsbeute nach Prag, um ihn im Sankt-Veits-Dom aufzustellen. Dort ist er noch heute. Für Aachen hatte sich Otto die Kalotte (Hirnschale) gesichert, und in Gnesen blieben lediglich Adalberts Arme zurück.
Wilhelm Tacke
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen