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Die Rückkehr des Rasenmähers

■ Bund der Steuerzahler: Tiefe Einschnitte in die öffentliche Versorgung nötig

Zu einem richtigen Millenium gehört auch eine ordentliche apokalyptische Vision: Spätestens zur Jahrtausendwende nämlich soll die Existenz Bremens endgültig bedroht sein, wenn nicht endlich richtig und schmerzhaft gespart wird. Das jedenfalls erklärte der „Bund der Steuerzahler“ (BdSt) gestern bei der Präsentation des Gutachtens „Trotz Bonner Geldspritzen keine Gesundung der Finanzen“ zur Finanzlage Bremens.

Denn die im Sanierungskonzept festgelegte Obergrenze von 3 Prozent Haushaltswachstum leiste zwar „formal“ den Eigenbeitrag zur Sanierung. Doch an der wirklichen Misere Bremens ändert das nach Ansicht der SteuerzahlerInnen-Lobby nichts: Bremen gibt einfach mehr Geld aus als es hat: So würde von den insgesamt neun Sanierungsmilliarden zwischen 1994 und 1998 nur ein Fünftel zur Schuldentilgung eingesetzt. Die Zins-Steuer-Quote (der Anteil am Steueraufkommen, der für Schuldendienste aufgebracht wird und der derzeit in Bremen bei über 25 Prozent liegt) solle am Ende der Sanierung an das nächstärmere Bundesland angeglichen sein und etwa bei 14 Prozent liegen. Dieses Ziel aber sieht der BdSt in weite Ferne gerückt. Wenn alles so weitergeht wie bisher, dann rutsche Bremen nämlich nach dem Ende der Sanierung gleich wieder auf eine Zins-Steuer-Quote von 22,3 Prozent : „Das Sanierungsziel würde trotz der immensen Hilfen des Bundes weit verfehlt“, meinte BdSt-Vorsitzender Axel Gretzinger.

„Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil“ sei Bremen eigentlich kein armes Land, hieß es. Pro Kopf seien die Steuereinnahmen in der Hansestadt sieben Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Doch auch die Ausgaben seien in manchen Gebieten ungleich höher, rechnete der BdSt vor: Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt leiste sich Bremen Ausgaben, die zum Beispiel für öffentliche Sicherheit (154%), Schulen (121%), Kindergärten (127%), Kultur (116%), Sozialhilfe (192%) oder Wohnungswesen (164%) wesentlich über dem Niveau der Länder lägen, die Bremen mit dem Sanierungskonzept wieder auf die Beine helfen sollen. Auf der Einnahmeseite des Haushalts sehen die SteuerzahlerInnen kaum Spielraum. Bleibt Sparen: „Das Sanierungsziel bis zum Jahre 2005 ist nur zu erreichen, wenn der durchschnittliche jährliche Ausgabenzuwachs Bremens in den nächsten zehn Jahren unter einem Prozent bleibt.“

Das allerdings sei „wahrscheinlich utopisch“, räumte Gretzinger ein. Eine solche „eiserne Spardisziplin“ über die nächsten zehn Jahre durchzuhalten fordere schon „viel politische Kraft“. Ebenso unscharf blieben die Aussagen des Gutachtens bei der Frage, wo denn nun wieviel zu sparen sei: Ausdrücklich betonte der BdSt, die Studie sei eben „eine Finanzanalyse und kein Organisationsgutachten“. Sparen ließe sich aber grundsätzlich in folgenden Bereichen und zwar möglichst bei allen gleich, um eine „Opfersymmetrie“ zu schaffen: Bei Schulen und Bildung, bei Kindergärten, Wohnungsbauförderung, Kulturausgaben und insgesamt den Personalausgaben, auch durch Privatisierungen und die Verkleinerung von Bürgerschaft, Deputationen und Senat. bpo

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