Die Qual der Wahl: Nach der Ampel rechts?
Beim Thema Migration rücken die Parteien immer weiter nach rechts. Da fällt die Wahl immer schwerer.
A m 29. Januar 2025 ist es so weit: Merz reißt die Brandmauer ein und macht mit der AfD gemeinsame Sache, um seinen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik durchzubringen. Und während die AfD triumphiert, lassen die Reaktionen der demokratischen Parteien zu wünschen übrig. Nach diesem historischen Tag stellt sich umso mehr die Frage, wo man am besten sein Kreuz setzt, um Friedrich Merz als Kanzler zu verhindern.
Spätestens bei seinem Spiegel-Interview verabschiedete sich Olaf Scholz vom humanistischen Menschenbild der Sozialdemokraten, zuletzt debattierte er beim Kanzler-Duell mit Merz darüber, wer schneller, besser und konsequenter abschiebt. Gleichzeitig versuchen die Grünen, die Illusion einer humaneren Migrations- und Asylpolitik noch aufrechtzuerhalten, während ihr Kanzlerkandidat mit seinem Zehn-Punkte-Papier der Union nacheifert. Und Merz? Der ist sich sicher, dass beide Parteien auch nach der Wahl noch offen für seinen menschenverachtenden migrationspolitischen Kurs sein werden – und macht sich schon mal bereit für das Kanzleramt.
Denn dass SPD oder Grüne noch an der Union vorbeiziehen und damit stärkste Kraft werden, ist den aktuellen Umfragen zufolge ebenso unwahrscheinlich wie eine absolute Mehrheit der CDU. Der Regierungsauftrag läge also erstmal bei der Union, die mit mindestens einer der beiden Parteien koalieren muss, um überhaupt regierungsfähig zu sein – zumindest, wenn Friedrich Merz diesmal Wort hält und keine Koalition mit der AfD eingeht. Wie gut also, dass beide Parteien nach wie vor offen für eine Zusammenarbeit sind und sich größte Mühe geben, um in seiner Gunst aufzusteigen.
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Wählen gehen mit Bauchschmerzen
Die Linke ist die einzige Partei, die „nicht regieren, sondern verändern“ will. Damit gibt sie die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Denn abgesehen davon, dass die Partei bis zuletzt um den Einzug in den Bundestag bangen musste, ist eine Regierungsbeteiligung unter der CDU durch den Unvereinbarkeitsbeschluss ausgeschlossen. Aus dieser Position heraus forderte Heidi Reichinnek, die Spitzenkandidatin der Partei, bei ihrer Rede im Bundestag auch SPD und Grüne auf, eine Koalition mit der Union auszuschließen – ein Leichtes, wenn man ohnehin auf der Oppositionsbank landet. Und auch wenn sich die Partei im Wahlkampf geeint und kämpferisch präsentiert, der politische Richtungsstreit und die altbekannten Konflikte brodeln hinter den Kulissen weiter.
Dieser Text ist Teil des Projekts taz Panterjugend: 26 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, Nachwuchs-journalist:innen, -illustrator:innen und -fotograf:innen, kommen im Januar 2025 zu digitalen Seminaren zusammen und im Februar zu einer Projektwoche in die taz nach Berlin. Gemeinsam entwickeln sie zur Bundestagswahl Sonderseiten für die taz – ein Projekt der taz Panter Stiftung.
Einige Menschen dürften ihre Wahlentscheidung in diesen Zeiten mit einem zugedrückten Auge und Bauchschmerzen treffen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer sind die bundesweiten Demonstrationen, bei denen Millionen Menschen gegen rechts auf die Straße gehen. Doch obwohl es sich dabei um eine der größten Protestbewegungen in der Geschichte der Bundesrepublik handelt, hat sich am politischen Diskurs kaum etwas geändert. Es bleibt ein Gefühl der Ohnmacht und die Einsicht, Merz als Kanzler nicht mehr verhindern zu können.
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